05.12.2024 | Redaktion | DJI
Wenn das Geld nicht reicht
Policy Paper des Deutschen Jugendinstituts zur Armut bei Kindern und Jugendlichen
Um Kindern und Jugendlichen selbst eine Stimme zu geben, hat das Deutsche Jugendinstitut (DJI) von Armut betroffene oder bedrohte junge Menschen im Alter von 9 bis 21 Jahren zu ihren Lebenslagen und ihrem Armutsverständnis befragt. Im einem Policy Brief veröffentlichen DJI-Wissenschaftlerinnen zentrale Befunde zu individuellen Lebenslagen, subjektivem Armutsempfinden von Kindern und Jugendlichen sowie zu Perspektiven auf staatliche Unterstützung. Außerdem geben sie daraus abgeleitete Empfehlungen für die Gestaltung von Hilfen für Familien.
Die Interviews spiegeln deutlich die teils gravierenden Erfahrungen von Mangel, Unsicherheit und Exklusion junger Menschen wider. Armut bedeutet für sie insbesondere Einschränkungen bei der sozialen Teilhabe. Die Ergebnisse verweisen auf Peers als wesentliche Referenzgruppe sowie die Bedeutung von Entfaltungsmöglichkeiten und Rückzugsorten im öffentlichen und digitalen Raum. Für viele Kinder und Jugendliche ist Armut schambehaftet. Bewältigungsstrategien sind daher häufig auf eine Relativierung eigener Deprivationslagen gerichtet: Die Befragten vergleichen sich mit Gruppen, die noch weniger Ressourcen haben und vermeiden den Kontakt mit "Bessergestellten". Eltern können Armutserfahrungen abfedern, zum Beispiel durch emotionalen Rückhalt. Die jungen Menschen solidarisieren sich mit ihren Eltern und wünschen sich mehr Unterstützung für Familien. Sie haben jedoch kaum Kenntnis von vorhandenen Unterstützungssystemen.
Familien als System stärken
Aus Sicht der Befragten reicht die finanzielle Unterstützung von Familien nicht aus, um Armutsfolgen effektiv abzufedern. Die Autorinnen des Policy Papers machen deutlich, dass Armutsbekämpfung mehr ist als die Verbesserung des Familieneinkommens: "Familien müssen als System gestärkt werden sowie gleiche Chancen aller Kinder für ein gesundes Aufwachsen durch entsprechende Ressourcen gesichert werden." Informationen und Zugänge zu sozialen Leistungen für Familien sollten vereinfacht und zielgruppengerecht gestaltet werden.
Das DJI-Projekt "Befragung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Einführung einer Kindergrundsicherung in Deutschland" wurde als Teilprojekt der Service- und Monitoringstelle zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans "Neue Chancen für Kinder in Deutschland" (ServiKiD) vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Der Abschlussbericht enthält ausführliche Informationen zu Hintergrund, Methodik, Ergebnissen und Implikationen.
Weitere Informationen
- DJI: Policy Paper
Tabea Schlimbach, Angelika Guglhör-Rudan, Laura Castiglioni und Christina Boll sind die Autorinnen des Policy Papers.