24.05.2023 | Redaktion
Unterstützung für die "Generation Z"
Vortrag von Klaus Hurrelmann bei der Fachtagung "Wege ebnen, Brücken bauen"
Junge Menschen, die der "Generation Z" zugerechnet werden, leben heute in einer sehr spannungsreichen Situation. Diese ist einerseits durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie und den Krieg mitten in Europa geprägt, andererseits aber durch sehr gute berufliche Chancen dank einer Veränderung der Lage auf dem Arbeitsmarkt. Wie der Soziologe Klaus Hurrelmann in einem Vortrag bei der Fachtagung "Wege ebnen, Brücken bauen" gezeigt hat, kommt die Mehrheit der Jugendlichen mit dieser Situation erstaunlich gut zurecht. Einem Viertel von ihnen aber gelingt das nicht.
In seinem Vortrag beschäftigte sich Klaus Hurrelmann mit der Frage: Wie ist die Lage der benachteiligten jungen Leute mit schwierigen Startbedingungen und welche Unterstützung benötigen sie? In der Perspektive der Sozialisationsforschung ist es ihnen wegen der Krisen nicht gelungen, ihre alterstypischen Entwicklungsaufgaben angemessen zu bewältigen. Das gilt in den Bereichen Bildung und Leistung, bei den sozialen Beziehungen, im Umgang mit Konsum- und Medienangeboten und der Fähigkeit zur sozialen Partizipation. Hurrelmann hält fest: "Sie haben Probleme bei allen Entwicklungsaufgaben, aber die beim Bilden und Qualifizieren fallen besonders ins Gewicht: Ihre Leistungsmotivation ist schwach, sie fehlen häufig oder kommen zu spät zum Unterricht, sie fahren schlechte Noten ein, haben eine niedrige Ausdauer, wenig Durchhaltevermögen, geringe Belastbarkeit, fehlende Sorgfalt, geringe Verantwortungsbereitschaft, geringe Selbstständigkeit."
In der Folge werde der mangelnde Schulerfolg immer mehr zum entscheidenden Anlass der Benachteiligung. Schon seit zwei Jahrzehnten zeichne sich ab, dass Jugendliche ohne einen Hauptschulabschluss kaum eine Chance haben, den Weg in den Beruf finden. Zunehmend reiche aber auch der Hauptschulabschluss nicht mehr aus. Um ihre Situation zu verbessern, müsse bei der Diagnose muss alles versucht werden, um auch die Kompetenzen zu identifizieren, die im sozialen Umfeld informell erworben worden sind: "Wir sind es ihnen schuldig, genau hinzusehen und für jeden einzelnen von ihnen ein maßgeschneidertes Förderkonzept zu entwickeln." Darüber hinaus sollten so viele praktische Erfahrungsmöglichkeiten wie möglich angeboten werden, vom Berufspraktikum über Probezeiten parallel zur Schule bis hin zu Schülerfirmen.
Bildungssystem und Berufssystem entkoppelt
Aus Sicht von Hurrelmann leiden die jungen Leute zum Teil auch darunter, dass sich Bildungssystem und Berufssystem in den letzten Jahrzehnten immer weiter auseinanderentwickelt haben: "Beide Systeme sind ihrer eigenen Logik gefolgt und haben den Kontakt zueinander verloren." Dadurch erreichten standardisierte Angebote der schulischen Berufsorientierung die Jugendlichen zu wenig oder gar nicht. Es fehle ihnen die direkte Ansprache und die Praxisnähe. Mögliche Lösungsansätze sieht der Soziologe in der Flexibilisierung von Bildungsangeboten und Qualifizierungsangeboten von Schul- und Ausbildungszeiten. Auch die Mobilität solle gefördert werden, zum Beispiel durch Anreize bei der Ausbildungsvergütung und Wohnangebote. Besonders wirkungsvoll aber sei die individuelle Begleitung und Beratung durch Berufslotsen und Übergangsbegleiter: "Da, wo sie bereits praktiziert wird, hat sie sich bewährt. Die jungen Leute wollen und müssen an die Hand genommen werden."