02.07.2021 | Redaktion
Rückzug vom Ausbildungsmarkt
Statistik der BA zeigt Rückgang bei Bewerberinnen und bei Ausbildungsstellen
Trotz weiter abnehmender Inzidenzen ist der deutsche Arbeitsmarkt immer noch stark von den Einschränkungen durch die Pandemie-Maßnahmen geprägt. Seit Beginn des aktuellen Beratungsjahres am 1. Oktober 2020 haben insgesamt 385.000 Bewerberinnen und Bewerber die Ausbildungsvermittlung der Agenturen und Jobcenter bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle in Anspruch genommen. Das waren 32.200 weniger als im Vorjahreszeitraum (-8 Prozent), nachdem bereits im Juni 2020 ein Rückgang von 9 Prozent zu beobachten war - und das, obwohl 2021 laut einer Vorausberechnung der Kultusministerkonferenz (KMK) voraussichtlich zwei Prozent mehr Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildenden Schulen verlassen als im letzten Jahr.
Einen wesentlichen Grund für die gesunkenen Bewerbermeldungen vor allem bei Schulabgängerinnen und Schulabgänger sieht die BA darin, dass sich Jugendliche trotz Ausbildungsinteresses nicht bei der Berufsberatung meldeten, weil die gewohnten Zugangswege wegen der Pandemie eingeschränkt und persönliche Beratungsgespräche kaum möglich waren. Auch die fehlende Präsenz der Berufsberatung an den Schulen spielte wohl eine Rolle. Darüber hinaus kann vermutet werden, dass sich ein Teil der jungen Menschen in der aktuellen Lage vom dualen Ausbildungsmarkt zurückzieht, weil er die individuellen Chancen als gering ansieht und von vornherein auf Alternativen wie einen weiteren Schulbesuch oder auch ein Studium ausweicht.
"Stille Reserve" der Ausbildungsnachfrage
Zusätzlich zu den Schulabgängern und Schulabgängerinnen streben mehr Ausbildungssuchende aus dem letzten Beratungsjahr eine Ausbildung an, weil sie 2020 aufgrund der Pandemie nicht zum Zuge gekommen waren. So hat sich die aktuelle Zahl der gemeldeten "Altbewerberinnen" und "Altbewerber", die bereits vor diesem Berichtsjahr als Ausbildungssuchende gemeldet waren, mit 167.300 leicht erhöht (+1 Prozent), während die Gesamtzahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber um 8 Prozent gesunken ist. Der Anteil von "Altbewerberinnen" und "Altbewerbern" hat sich deshalb binnen eines Jahres von 40 auf 43 Prozent erhöht. Während das Zurückgehen der betrieblichen Stellenmeldungen auf die aktuelle wirtschaftliche Situation zurückzuführen sein dürfte, geht die BA davon aus, dass der aktuelle Rückgang an Bewerbermeldungen nicht auf eine tatsächlich rückläufige Zahl Ausbildungssuchender in diesem Umfang zurückzuführen ist, sondern dass eine erhebliche Anzahl junger Menschen eine "Stille Reserve" der Ausbildungsnachfrage bilden könnte.
Von Oktober 2020 bis Juni 2021 wurden der Bundesagentur für Arbeit und den Jobcentern insgesamt 467.900 Berufsausbildungsstellen gemeldet. Das waren 14.500 weniger als im Vorjahreszeitraum (-3 Prozent). Damit setzt sich der Rückgang aus dem Jahr 2020 (Juni 2020: -9 Prozent) in diesem Berichtsjahr fort – wenn auch merklich vermindert. Im Juni 2021 standen bundesweit 216.300 unbesetzten Ausbildungsstellen 157.800 noch unversorgte Bewerberinnen und Bewerber gegenüber. Das entspricht einem Verhältnis von 73 Unversorgten zu 100 unbesetzten Stellen. Diese Relation hat sich im Vergleich zum Vorjahresmonat (77:100) leicht verringert. Bezieht man die Zahl derjenigen ein, die im Unterschied zu den Unversorgten eine Alternative zur Ausbildung haben – etwa eine Einstiegsqualifizierung oder auch einen Bundesfreiwilligendienst -, aber dennoch weiter nach einem Ausbildungsplatz suchen, dann waren 25.800 mehr unbesetzte Ausbildungsstellen gemeldet als Interessierte auf Ausbildungssuche waren.