22.06.2020 | Redaktion
Nicht richtig Fuß gefasst
DJI-Kinder- und Jugendmigrationsreport zeigt Lebenslagen junger Menschen
Die Lebenswelten von jungen Menschen in Deutschland sind laut DJI-Kinder- und Jugendmigrationsreport 2020 in den letzten zehn Jahren deutlich heterogener geworden. Hatten im Jahr 2009 noch 28 Prozent aller Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 Jahren einen Migrationshintergrund, so waren es 2017 mehr als ein Drittel (34 Prozent). Am prägendsten für ihre Lebenswelt und ihre beruflichen Chancen ist die soziale Lage ihrer Familien, und zwar unabhängig vom Migrationshintergrund. Junge Menschen mit Migrationshintergrund wachsen allerdings überdurchschnittlich häufig in prekären Familienverhältnissen auf.
Titelseite des Kinder- und Jugendmigrationsreports
Unterschiedliche Herausforderungen und Lebenslagen ergeben sich neben der familiären sozialen Lage auch aus der Migrationsgeneration und der nationalen Herkunft. Insbesondere die vier in Deutschland vertretenen Zuwanderergruppen der EU-Binnenmigranten, Asylsuchenden, Türkeistämmigen und Menschen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion prägen die Bedingungen, unter denen Kinder aufwachsen. In den letzten Jahren bestimmten die ersten beiden Gruppen die erhöhte Zuwanderung.
Ein Großteil der unter 25-Jährigen mit Migrationshintergrund lebt bereits in der zweiten oder dritten Genration in Deutschland. Die höchsten Hürden für neu Zugewanderte, das Erlernen der Sprache und das Zurechtfinden in einer neuen Kultur und in einem neuen Bildungssystem, müssen diese jungen Menschen nicht mehr überwinden. "Daher ist es noch verwunderlicher", konstatiert der Report, "dass viele Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im deutschen Schulsystem nicht richtig Fuß gefasst haben." So besuchten sie immer noch deutlich seltener als Kinder ohne Migrationshintergrund ein Gymnasium, erreichten in der Regel niedrigere Schulabschlüsse und hätten schließlich auch größere Probleme, einen Ausbildungsplatz zu finden und eine Berufsausbildung erfolgreich abzuschließen.
Anpassungen im Bildungssystem nötig
Um die Teilhabechancen von jungen Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern, müssen aus Sicht von Susanne Lochner, eine der Autorinnen des Kinder- und Jugendmigrationsreports, "Maßnahmen zum Ausgleich sozialer Ungleichheit deutlich stärker als in der Vergangenheit implementiert werden." Auch angesichts der vielen Kinder von Asylsuchenden, die in den kommenden Jahren ins Bildungssystemen eintreten, sei es nötig, Anpassungen auf den Weg zu bringen, um die spezifischen Herausforderungen bewältigen zu können – auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.