22.11.2021 | Redaktion | IAB
Mangel an Bewerbungen
IAB analysiert aktuelle Situation auf dem Ausbildungsmarkt
Für das Ausbildungsjahr 2021/2022 haben 17 Prozent der ausbildungsberechtigten Betriebe weniger, aber nur zehn Prozent mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen als vor der Corona-Krise. Aus Sicht der Betriebe hat dies nur zum kleineren Teil damit zu tun, dass sie ihr Ausbildungsangebot pandemiebedingt eingeschränkt haben. Vielmehr führt häufig ein Mangel an (geeigneten) Bewerbungen dazu, dass Lehrstellen unbesetzt bleiben. Wie eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, betrifft dies vor allem kleinere Betriebe.
Bereits im vergangenen Ausbildungsjahr 2020/2021 waren deutliche Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Ausbildungsmarkt festzustellen. Nach Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) sank die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent. Einerseits hatten viele Betriebe ihr Ausbildungsengagement gegenüber dem Vorjahr zurückgefahren. Andererseits hatten sich auch weniger Jugendliche um eine Lehrstelle beworben. Wie die Daten der 17. Welle der Betriebsbefragung vom September 2021 zeigen, gewinnt jedoch seit Ende der Lockdown-Maßnahmen im Frühsommer dieses Jahres vor allem der Mangel an (geeigneten) Bewerbungen an Bedeutung. Daten aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) bestätigen dies. Demnach ist die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber zwischen Oktober 2020 und September 2021 um 8,3 Prozent zurückgegangen und somit noch stärker als im Zeitraum von Oktober 2019 bis September 2020 (-7,6 Prozent).
Nicht ganz so gravierend ist die Entwicklung auf der Angebotsseite des Ausbildungsmarkts. Zwar sank die Zahl der gemeldeten Stellen zwischen Oktober 2020 und September 2021 ebenfalls. Mit einem Wert von -3,6 Prozent war dieser Rückgang allerdings weniger stark ausgeprägt als bei den gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern. Vor allem aber hat sich die rückläufige Entwicklung bei den gemeldeten Stellen gegenüber dem Zeitraum von Oktober 2019 bis September 2020 abgeschwächt, als der Rückgang noch 7,3 Prozent betrug.
Kleinere Betriebe stärker betroffen
Bereits seit einigen Jahren sinkt die Zahl der Ausbildungsplatzsuchenden aufgrund der demografischen Entwicklung und der zunehmenden Neigung junger Menschen, ein Studium einer betrieblichen oder schulischen Ausbildung vorzuziehen. Dieser Trend hat sich während der Covid-19-Krise verschärft. Denn zum einen sind viele Angebote der Berufsorientierung und Praktika weggefallen, die für die jungen Erwachsenen eine große Rolle bei der Suche nach einem betrieblichen Ausbildungsplatz spielen. Zum anderen neigen viele Jugendliche dazu, angesichts der hohen Unsicherheit über die künftige Entwicklung der Krise länger im Schulsystem zu bleiben oder Bildungs- oder Ausbildungswege jenseits der Lehre einzuschlagen.
Betroffen vom Rückgang der Bewerbungen sind vor allem kleinere Betriebe, aber auch Betriebe im Baugewerbe oder im Groß- und Einzelhandel. Der hohen Zahl an unbesetzten Ausbildungsplätzen steht nach wie vor eine ebenfalls hohe, wenn auch rückläufige Zahl an Jugendlichen gegenüber, die keine Lehrstelle finden. Daher gilt es aus Sicht der Autorinnen und Autoren, Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt besser zusammenzuführen. Erfolgversprechend erscheinen ihnen Ansätze, die ein beiderseitiges Kennenlernen ermöglichen und Jugendliche nicht nur an die Ausbildungsinhalte im Betrieb heranführen, sondern auch den Arbeitgebern Einblicke in die Stärken und Schwächen der jungen Menschen gewähren. Daher sollten verstärkt Praktika sowie die von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Einstiegsqualifizierung angeboten werden.