30.11.2021 | Redaktion
Psychische Folgen der Pandemie
Jüngere Menschen sowie Migrantinnen und Migranten besonders betroffen
Über die körperliche Gesundheit hinaus hat die COVID-19-Pandemie gravierende Auswirkungen auf fast alle Lebensbereiche, die für das individuelle Wohlbefinden wichtig sind. Das zeigt eine aktuelle OECD-Studie. Besonders stark litten junge Erwachsene unter psychischen Belastungen. Sie fühlten sich besonders häufig einsam und befanden sich beruflich besonders oft in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Auch bei Migrantinnen und Migranten verschlechterte sich die psychische Gesundheit überdurchschnittlich häufig.
Ausschnitt aus der Titelseite der Studie
Bei einer Befragung in 22 OECD-Ländern gaben 29 Prozent der Befragten in der Altersgruppe 18 bis 24 Jahren an, unter Einsamkeit zu leiden. 35 Prozent sagten, sie fühlten sich von der Gesellschaft ausgeschlossen. Neben jüngeren Menschen waren Migrantinnen und Migranten von einer Verschlechterung der psychischen Gesundheit stärker betroffen als der Durchschnitt. In den Monaten April bis Juni 2020 gaben in Deutschland 27 Prozent der Befragten mit Migrationsbiographie an, sich sozial isoliert zu fühlen – verglichen mit 18 Prozent derer ohne Migrationsgeschichte. Diese Werte liegen deutlich höher als zu Vorkrisenzeiten. Im weiteren Verlauf der Krise verschärfte sich die Situation. Nach einem Jahr Pandemie, im Februar/März 2021, gab in Deutschland mit 24 Prozent fast ein Viertel der Befragten an, sich die meiste oder ganze Zeit einsam zu fühlen.
Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes
In allen untersuchten Altersgruppen nahmen Depressionen, Ängste und Einsamkeit zu. Auch Angst vor Arbeitsplatzverlust und finanzieller Not war für viele Menschen ein bestimmendes Thema. Zwar konnten staatliche Hilfen viele Arbeitsplätze erhalten, jedoch sagten 14 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in 19 europäischen OECD-Ländern zwischen April und Juni 2020, sie hielten es für wahrscheinlich, ihren Arbeitsplatz binnen der nächsten drei Monate zu verlieren. Fast ein Drittel der Befragten in 25 OECD-Ländern berichtete im September/Oktober 2020 von finanziellen Schwierigkeiten.
Die Studie appelliert an die Politik, bei den Maßnahmen zur Bewältigung der Krise stärker in den Blick zu nehmen, was für das Wohlbefinden der Bevölkerung wichtig ist. Ein Hauptziel sollte sein, die berufliche und finanzielle Sicherheit der Haushalte zu stärken, insbesondere für Benachteiligte, Jugendliche, Frauen und Geringqualifizierte. Darüber hinaus sollte mehr für Kinder und Jugendliche getan werden, für die die Krise enorme mentale Belastungen und körperliche Einschränkungen gebracht hat. Um für ein größeres Wohlbefinden der Menschen zu sorgen, braucht es der Studie zufolge einen umfassenden politischen Ansatz, der aktuelle und langfristige Ziele miteinander verknüpft. Die Ungleichheit beim Zugang zu Bildung und lebenslangem Lernen müsse verringert werden. Außerdem gelte es, das Vertrauen der Menschen in die Institutionen ihres Landes zu stärken, denn vom Maß des Vertrauens hänge auch die Effektivität außergewöhnlicher Maßnahmen in Krisenzeiten ab.