03.05.2022 | Redaktion
Klimawandel, Krieg und Corona
Studie "Jugend in Deutschland" zeigt psychische Anspannung bei jungen Menschen
Kontrollverluste bei der Bildungs- und Berufslaufbahn, bei der Alltagsgestaltung und den persönlichen Beziehungen: Die weiterhin spürbaren Einschränkungen durch die Corona-Pandemie prägen das Leben von Angehörigen der jungen Generation. Das zeigt die aktuelle Studie "Jugend in Deutschland". Die Studie beruht auf einer repräsentativen Befragung von 14- bis 29-Jährigen, die von den Jugendforschern Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann geleitet wurde. Durch die Klimakrise und den Ukraine-Krieg werden schon vorhandene psychische Belastungen weiter verstärkt.
Die Sorge vor einem Krieg in Europa ist sprunghaft an die erste Stelle der Ängste und Befürchtungen der jungen Generation getreten und hat bei ihnen geradezu einen Schock ausgelöst. Kriegsangst hat die bisher dominierende Angst vor dem Klimawandel verdrängt. Auch die nach wie vor sehr hohen Belastungen durch die Corona-Pandemie wurden dadurch etwas in den Hintergrund geschoben. "Die dichte Aufeinanderfolge von tief in das Leben eingreifende Krisen setzt der Jugend zu", erläutert Klaus Hurrelmann die Ergebnisse der Befragung. "Die Bedrohung durch einen Krieg in Europa drückt als eine weitere schwere emotionale Last auf ihre Stimmung. Viele machen sich große Sorgen um ihre berufliche, finanzielle und wirtschaftliche Zukunft."
Verunsicherung unter optimistischer Oberfläche
Wie die Studienergebnisse belegen, ist die Grundstimmung in der jungen Generation dennoch erstaunlich positiv. Das in der Studie erstmals eingesetzte Datajockey-Jugendbarometer zeigt, dass die meisten Befragten für sich persönlich trotz aller Belastungen eine gute Zukunft erwarten. Unter der Oberfläche eines grundsätzlichen "jugendtypischen Optimismus" zeigt sich aber ein beträchtliches Ausmaß von Verunsicherung. Obwohl sich die meisten zutrauen, trotz widriger Umstände das eigene Leben in den Griff zu bekommen, sehen sie im Blick auf die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Entwicklung Deutschlands erhebliche Probleme. "Diese negativen Ausschläge des Datajockey Jugendbarometers werten wir als Anzeichen dafür, dass die bisher grundsätzlich gute Stimmung unter dem Druck der sich überlagernden Krisensituationen zu bröckeln beginnt", so die Studienautoren.
Konkrete Ergebnisse
Der Krieg in Europa (68 Prozent) ist aktuell die größte Sorge junger Menschen in Deutschland, weil er alle Zukunftsaussichten der Jugend infrage stellt und ihr bisheriges Sicherheitsgefühl zerstört. 46 Prozent der Befragten haben große Angst, dass der Krieg in der Ukraine sich auf ganz Europa ausweiten könnte. Die Sorgen wegen des Klimawandels (55 Prozent), der Inflation (46 Prozent) und der Spaltung der Gesellschaft (40 Prozent) werden dadurch nicht weniger; die hohen Werte sind im Vergleich zur letzten Trendstudie vor sechs Monaten konstant. Trotz der großen Kriegsangst gibt es eine eher zurückhaltende Zustimmung zu politischen Maßnahmen, um Russland zu sanktionieren. So befürworten nur 58 Prozent umfassende Sanktionen gegen Russland, 43 Prozent sind für die Erhöhung von Militärausgaben der Bundesregierung und nur 37 Prozent für Waffenlieferungen an die Ukraine.
Weitere Informationen
- Blog des Mit-Autors Simon Schnetzer
Die Trendstudie "Jugend in Deutschland" basiert auf einer repräsentativen Online-Befragung der deutschsprachigen Bevölkerung im Alter von 14 bis 29 Jahren.