31.05.2022 | Redaktion | IAQ
Der Billigste oder der Beste?
Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) untersuchte Vergabepraxis in Kommunen
Als "guter Auftraggeber" soll der Staat immer mehr auch gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten von Auftragsfirmen gewährleisten. Zugleich muss der Preis aber möglichst niedrig sein, und der Anspruch an die Qualität der eingekauften Dienstleistungen steigt. Wie Kommunen mit diesen widersprüchlichen Anforderungen in der Vergabepraxis umgehen, hat das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) in einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Studie untersucht.
Die IAQ-Forscherinnen Dr. Karen Jaehrling und Christin Stiehm haben dafür in fünf deutschen Großstädten über 60 Interviews mit Vertreterinnen und Vertretern von lokaler Politik und Verwaltung, lokalen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften, beauftragten Firmen und deren Beschäftigten sowie weiteren Organisationen geführt. Ergebnis: Auch im Bereich der "einfachen" Dienstleistungen wie Schulverpflegung gibt es neue Entwicklungen, die weg von der Vergabe nach dem niedrigsten Preis führen. Stattdessen orientieren sich Verwaltungen stärker am Leitbild des "Guten Dienstleisters" und der Qualität der staatlichen Dienstleistungen.
Diese Wende hat allerdings widersprüchliche Effekte: Denn die Qualität der Dienstleistung kann auch zur Bremse für "gute Arbeit" werden. Verbesserungen führen zwangsläufig zu höheren Kosten; gleichzeitig sollen im Interesse der zahlenden Eltern allzu starke Preissteigerungen vermieden werden. Anstelle von zusätzlichen Subventionen gibt es meist einen Preisdeckel, an dem sich die Anbieter orientieren müssen. "Ob sich damit angemessene Löhne refinanzieren lassen, spielt typischerweise keine Rolle", stellte Dr. Karen Jaehrling fest. "Ergebnis sind weniger ‚Marktpreise‘ als vielmehr ‚Wunschpreise‘, und die bewegen sich recht weit unterhalb dessen, was von wissenschaftlicher Seite als auskömmlicher Preis ermittelt wurde."
Während es auf kommunaler Ebene mittlerweile zahlreiche Ratsbeschlüsse und Dienstanweisungen etwa für ökologische Kriterien und fair gehandelte Produkte gebe, fehle es an klaren politischen Mandaten für "gute Arbeit". Um eine bessere Balance zwischen den Interessen der Nutzerinnen und Nutzer sowie der Produzenten öffentlicher Dienstleistungen hinzubekommen, wäre eine systematischere Einbeziehung von Gewerkschaften, Unternehmensverbänden und gegebenenfalls betrieblichen Interessenvertretungen wünschenswert, raten die IAQ-Forscherinnen.