16.11.2022 | Redaktion | FAU
Integrationsarbeit stark beeinträchtigt
Studie der Universität Erlangen-Nürnberg zeigt Corona-Folgen bei Kommunen
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte besonders stark getroffen. Das zeigt eine neue Studie des Forschungsbereichs Flucht, Migration und Integration (MFI) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Robert Bosch Stiftung im Rahmen des Forschungsprojekts "Brennglas Corona". Im Fokus des Projekts steht die Integrationsarbeit, die seit Beginn der Pandemie in den Kommunen geleistet wurde: in Jobcentern und Integrationsbeiräten, in den Beratung der Wohlfahrtsverbände oder durch ehrenamtlich Tätige.
"Der Bedarf an Integrations- und Unterstützungsangeboten für Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte während der Pandemie stieg, während die Angebotsstruktur an vielen Stellen fatalerweise einbrach" – so fasst Prof. Dr. Petra Bendel, Leiterin des Forschungsbereichs Flucht, Migration und Integration die Ergebnisse der Befragung kommunaler Akteure zusammen. Die Studie zeigt, dass Behörden und Ämter für Menschen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte aufgrund der bestehenden Kontaktbeschränkungen kaum noch erreichbar waren. Finanzielle Hilfen, die die Existenzsicherung garantieren sollten, wurden nicht oder mit starken Verzögerungen ausgezahlt, etwa weil Unterlagen nicht bei den Jobcentern eingereicht werden konnten oder ein persönliches Vorsprechen beim Standesamt nicht möglich war.
Teilhabe der Geflüchteten deutlich eingeschränkt
Besonders stark benachteiligt waren laut der Untersuchung schutzbedürftige Personen wie Frauen, Kinder und Kranke sowie Bewohnerinnen und Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften. Neben der sozialen Isolation und den erhöhten gesundheitlichen Risiken in den Einrichtungen sei auch die gesellschaftliche Teilhabe der Geflüchteten deutlich eingeschränkt gewesen, beispielsweise bei Impfangeboten oder dem Zugang zum Internet und den dort verfügbaren digitalen Bildungsangeboten.
Zu den drängendsten Empfehlungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehören die Flexibilisierung der Verwaltung und der rasche Ausbau der digitalen Verwaltungs- und Bildungsinfrastruktur. Im Zentrum steht aber die Forderung nach verlässlichen und nachhaltigen Strukturen für die Integrationsarbeit vor Ort. Dazu gehöre auch die Zusage von Bund und Ländern, die Kommunen finanziell zu unterstützen und klare Handlungsspielräume zu garantieren.
Die Erhebung zur Studie wurde von Anfang März bis Ende Mai 2022 in sieben Kommunen durchgeführt. Insgesamt wurden rund 30 teilstrukturierte Interviews mit den für Integration und Teilhabe zuständigen Stellen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft geführt.