09.12.2020
Elternarbeit in der Berufsorientierung
Praktische Hinweise aus der NRW-Landesinitiative "Kein Abschluss ohne Anschluss"
von Maximiliane Berger, Christin Krajewski und Ulrich Schipp
Eltern spielen eine überaus wichtige Rolle bei der Berufswahl ihrer Kinder: Studien belegen nicht nur, dass sie ihre wichtigsten Ratgeber sind. Sie beeinflussen die Jugendlichen auch durch ihre Erwartungshaltungen und ihr positives oder negatives Vorbild als Berufstätige. Daran gemessen, findet die Elternarbeit bei den Akteuren im Übergang Schule – Beruf noch immer zu wenig Beachtung. Zur systematischen Einbindung von Eltern gibt dieser Gastbeitrag Hinweise und Anregungen, die der praktischen Arbeit in der NRW-Landesinitiative "Kein Abschluss ohne Anschluss" entnommen sind.
Aktuelle Studien belegen, dass der Prozess der beruflichen Orientierung von Schülerinnen und Schülern von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst wird und sich in direkter Abhängigkeit zum sozialen Umfeld vollzieht. Dieses Umfeld ist wiederum primär durch die wirtschaftlichen Strukturen vor Ort beeinflusst, die ihrerseits Möglichkeiten und Grenzen für Berufsbiografien darstellen. Die Primärsozialisation junger Menschen findet auch heute weiterhin in der Kleinfamilie statt. Somit ist die Bedeutung der Eltern für den Prozess der beruflichen Orientierung immens - sie werden von den Jugendlichen als wichtigste Ratgeber wahrgenommen.
Die Eltern nehmen Einfluss, in dem sie zum einen eine bestimmte Erwartungshaltung an ihr Kind richten, die oftmals eine direkte Auswirkung auf dessen Berufsfindung hat. Zum anderen fungiert die eigene Berufstätigkeit der Eltern als positives oder auch negatives Vorbild für die Jugendlichen. Eltern können und sollten den jungen Menschen nicht die Verantwortung für die eigene Berufsbiografie abnehmen, sie sind jedoch ein stabilisierender Faktor, wenn sie mit den Jugendlichen in einem stetigen Austausch zu den zentralen Aspekten der Studien- und Berufswahl stehen. In der Regel stimmen die Entscheidungskriterien der Jugendlichen sowie der Wunsch, eine duale Ausbildung oder ein Studium zu absolvieren, mit den direkt oder indirekt wahrgenommenen Erwartungen der Eltern überein.
Konstruktiver Austausch
Eltern besitzen auch eine herausgehobene Position, indem sie den Jugendlichen allgemeine Kenntnisse über die Arbeitswelt und im Speziellen über Logik, Struktur und Aufbau des universitären oder beruflichen Bildungssystems mitgeben sowie die damit verbundenen Leistungsanforderungen vermitteln. Wie und ob dies geschieht, hängt im Wesentlichen von der Art der Beziehung ab, die Eltern zu ihren Kindern aufbauen. Vorliegende Studien verweisen in der Mehrzahl auf die Bedeutung der Bereitschaft und Fähigkeit der Eltern, sich mit ihren Kindern zu berufsrelevanten Themen auszutauschen; in dieser Hinsicht scheint ein begleitender Beziehungstyp der Eltern zu ihren Kindern besonders fruchtbar.
Initiativen zur Stärkung der Elterneinbindung sollten Eltern auf die Relevanz ihres Einflusses und ihre besondere Rolle und Funktion im Übergang Schule-Arbeitsleben aufmerksam machen, ihnen gezielt berufsrelevante Informationen übermitteln und sie zudem zum konstruktiven Austausch mit ihren Kindern anregen. In diesem Zusammenhang sollten zielgruppengerechte Angebote sowohl für Eltern alleine als auch für Eltern mit ihren Kindern gemacht werden. In den Fällen, in denen das Elternhaus den Jugendlichen keinen Halt und keine Orientierung bieten kann, empfehlen sich spezielle Mentorinnen- und Mentoren-Programme sowie weitere Beratungsangebote der verschiedenen Akteurinnen und Akteure.
Praxisansätze aus "Kein Abschluss ohne Anschluss"
"Kein Abschluss ohne Anschluss" (KAoA)
Die NRW-Landesinitiative dient seit dem Schuljahr 2012/13 einem systematischen Übergang von der Schule in den Beruf. Ziel ist es, alle Jugendlichen durch bestmögliche frühzeitige Unterstützung bei ihrer beruflichen Orientierung, ihrer Berufswahl sowie beim Eintritt in Ausbildung und Studium zu unterstützen und unnötige Warteschleifen zu ersparen. Nach gemeinsamem Beschluss mit den Partnern im "Ausbildungskonsens NRW" erfolgt eine Umsetzung in vier Handlungsfeldern:
- Berufliche Orientierung, - Übergänge gestalten, - Steigerung der Attraktivität der dualen Ausbildung, - Kommunale Koordinierung.
Zur effektiven Koordinierung der Aktivitäten in den Regionen wurden in 53 Kreisen und kreisfreien Städten Kommunale Koordinierungsstellen eingerichtet. Sie sorgen für die nachhaltige Vernetzung und Abstimmung der Akteure und sichern die Umsetzung, Transparenz und Weiterentwicklung der Angebote vor Ort.
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Dieses Verständnis von Elterneinbindung findet sich auch innerhalb der Umsetzung der Landesinitiative "Kein Abschluss ohne Anschluss" (KAoA) in Nordrhein-Westfalen wieder. Viele Kommunale Koordinierungsstellen (Kokos) haben daher gemeinsam mit den schulischen sowie weiteren Akteurinnen und Akteuren entsprechende Veranstaltungsformate und Praktiken entwickelt. Diese zeigen den Eltern ihre bedeutungsvolle Rolle innerhalb der Berufsorientierung auf und geben ihnen gleichzeitig mehr Sicherheit und Orientierung, um sie auf diesem Weg zu begleiten. Derartige "Beispiele guter Praxis" dienen im Rahmen der Landesinitiative als Instrument, um anderen Akteuren erfolgreiche Beispiele inklusive relevanter Umsetzungshinweise zugänglich zu machen.
Die Beispiele aus den einzelnen Kommunen sind heterogen und zeigen, auf welch unterschiedliche Weisen Eltern eingebunden werden können. So reichen die Aktivitäten von Elterninformationsveranstaltungen über Elternakademien bis hin zur Qualifikation von Eltern- und Schülerbegleitenden.
Strategische Ressourcenplanung
Aus diesen umfangreichen und vielfältigen Maßnahmen lassen sich gemeinsame Gelingensbedingungen für die erfolgreiche Elterneinbindung identifizieren. Diese beziehen sich auf die Organisation, Konzeption und Qualitätssicherung der Formate sowie die Kommunikation mit den Teilnehmenden und den jeweiligen Akteurinnen und Akteuren. Die Umsetzung von Formaten zur Elterneinbindung bedarf einer umfangreichen Organisation sowie einer sorgfältigen Vor- und Nachbereitung. Dafür sollten genügend zeitliche und personelle Ressourcen eingeplant werden. So hat die KoKo in Leverkusen zur Bearbeitung dieses Querschnittsthemas eine hauptverantwortliche Mitarbeiterin sowie eine aktive Vertreterin innerhalb der Koordinierungsstelle bestimmt, die für die Generierung neuer Ideen und das allgemeine "Mitdenken" der Eltern verantwortlich ist. Doch auch begrenzte personelle Ressourcen stellen nicht zwingend ein Hindernis dar, um das Thema zu bearbeiten. Eine strategische Ressourcenplanung sollte in jedem Fall im Vorfeld erfolgen.
Veranstaltungen sollten frühzeitig (ein halbes bis Dreivierteljahr zuvor) und unter Berücksichtigung der Ferienzeiten gemeinsam mit der Schule und den relevanten Netzwerkpartnerinnen und -partnern geplant werden. Zunächst gilt es, den Zeitpunkt der Veranstaltung je nach Themenschwerpunkt, Ziel und Zusammenhang mit weiteren Terminen strategisch auszuwählen. Termine, die in die Abendstunden gelegt werden, können von den Eltern in der Regel am besten wahrgenommen werden. Die KoKo Köln lädt daher regelmäßig zu sogenannten "Beratungsabenden" ein. Diese Tageszeit sorgt für eine entspannte Atmosphäre. Auch die KoKo Kreis Gütersloh berichtet von positiven Erfahrungen mit Veranstaltungen in den Abendstunden. Genau wie einige andere KoKos empfiehlt auch sie, Veranstaltungen nicht zu umfangreich zu gestalten, um die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden nicht zu verlieren. Im Hinblick auf den Veranstaltungsort hat es sich in der Praxis als vorteilhaft erwiesen, eine Lokalität außerhalb der Schule zu wählen, die für die Eltern einen neutraleren Charakter besitzt. Wichtig ist jedoch, dass der Ort regional bekannt ist. Im Falle der KoKo Köln wurde ein Museum ausgewählt. Bei bestimmten Zielgruppen empfehlen sich aber auch lokal ansässige und bekannte Unternehmen.
Frühzeitige aktive Ansprache
Für die erfolgreiche Organisation ist die frühzeitige Kontaktaufnahme mit den Eltern obligatorisch. Die KoKo Hagen/ Ennepe-Ruhr-Kreis empfiehlt, Veranstaltungen circa drei Monate zuvor an Schulen und ungefähr zwei bis drei Wochen zuvor im öffentlichen Raum zu bewerben. Die Nutzung unterschiedlicher Kanäle erweist sich als zielführend, um möglichst viele Eltern zu erreichen. Die Bewerbung von Veranstaltungen kann beispielsweise durch Plakate in Schulen, in Begegnungs- und Bildungszentren und im öffentlichen Raum erfolgen sowie durch die Presse, die Homepage der jeweiligen KoKo oder per E-Mail. Im Kreis Lippe setzt die KoKo einen speziellen Eltern-Mail-Verteiler ein, über den kurz vor der Veranstaltung eine Erinnerungsmail versandt wird. Die KoKo Köln nutzt die elektronische Kommunikation mit den Eltern nicht nur für die schriftliche Bewerbung von Veranstaltungen. Es wurde ein 30-Sekunden-Trailer veröffentlicht, welcher den Eltern das Format auf eine ganz neue Weise präsentierte. Zusätzlich wurde der Link zum Trailer auch über Postkarten verschickt.
"Ein facettenreiches Veranstaltungskonzept kann das Interesse und damit auch die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden erhöhen."
Unerlässlich bleibt die aktive Ansprache der Eltern bei Schulterminen, wie zum Beispiel der Klassen-/ Schulpflegschaftssitzung und Elternsprechtage, durch die Klassenlehrkräfte oder die jeweiligen Koordinatorinnen und Koordinatoren für berufliche Orientierung. Den Beispielen lassen sich auch wichtige Hinweise in Bezug auf die Konzeption von Veranstaltungen zur Elterneinbindung entnehmen. Zunächst gilt es zu beachten, dass Eltern eine höchst heterogene Zielgruppe darstellen, deren Informationsstand und -bedarf stark variiert. Welche Bedarfe und Interessen seitens der Eltern bestehen, sollte durch regelmäßige Reflektionen und Analysen der Veranstaltungen ermittelt werden. In Bezug auf den Aufbau einer Veranstaltung haben die Erfahrungen einiger KoKos gezeigt, dass diese nicht ausschließlich frontal ausgerichtet sein dürfen. Ein facettenreiches Veranstaltungskonzept kann das Interesse und damit auch die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden erhöhen. Ein frontaler Veranstaltungsteil ist jedoch meist unumgänglich.
Durch den Einsatz professioneller Moderatorinnen und Moderatoren sowie verschiedener Moderationstechniken kann dieser abwechslungsreich gestaltet werden. Zudem können aktive Veranstaltungsteile beispielsweise durch Betriebsführungen geschaffen werden. Diese Betriebsführungen sowie die Veranstaltungen im Allgemeinen gemeinsam mit seinem Kind zu besuchen, wurde im Kreis Höxter von einigen Eltern explizit gewünscht und stieß auch in anderen Regionen auf positive Resonanz. Das Konzept einer Eltern-Kind-Veranstaltung ist jedoch nicht für alle Themenschwerpunkte geeignet. Neben einem frontalen und aktiven Veranstaltungsteil erweist sich auch ein informeller als empfehlenswert. Ein solcher ermöglicht es den Eltern und gegebenenfalls auch ihren Kindern, zum Beispiel in unmittelbaren Kontakt mit Unternehmen zu treten und diese kennenzulernen.
Pflegen von Netzwerken
Um Unternehmen für die Veranstaltungen gewinnen zu können, ist das Pflegen von Netzwerken für die KoKos unerlässlich. Dies gilt natürlich auch für andere Institutionen und externe Personen, mit denen zusammengearbeitet werden soll. Die KoKos im Kreis Olpe und Kreis Lippe weisen darauf hin, dass alle relevanten Akteurinnen und Akteure frühzeitig und regelmäßig in die Vorhaben eingebunden werden müssen. Die regelmäßige Einbindung bezieht sich unter anderem auf Planungs- und Austauschgespräche bezüglich der Projekte und Veranstaltungen. Diese sollten möglichst immer von allen Beteiligten reflektiert werden, um die Formate an die Bedarfe der Zielgruppe anzupassen und weiterzuentwickeln. Grundlegend dafür ist selbstverständlich das Feedback der Eltern. Im Kreis Gütersloh wird die Elternschaft durch die KoKo explizit nach Themenwünschen für Veranstaltungen gefragt. Durch regelmäßige Evaluationen können neben den Schwerpunktthemen beispielsweise auch die Durchführungsorte und Zeiten angepasst und so noch mehr Eltern als Teilnehmende gewonnen werden.
Diese verschiedenen genannten Aspekte haben in Nordrhein-Westfalen zu einer erfolgreichen Umsetzung von Veranstaltungen zur Elterneinbindung geführt. In der Regel bilden sie mittlerweile feste Formate und finden regelmäßig statt.
Interkulturelle Angebote
Es ist deutlich geworden, dass im Rahmen der Elterneinbindung eine Vielzahl an Faktoren relevant sind und bei der Umsetzung von Elternkonzepten bedacht werden sollten. Um die Zielgruppe der Eltern mit Migrations- oder Fluchthintergrund einzubinden, sollten darüber hinaus weitere Bedingungen und Gegebenheiten bei der Konzeptentwicklung sowie -umsetzung einbezogen werden.
Um diese Faktoren zu erarbeiten, hat das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) in Kooperation mit dem Ministerium für Schule und Bildung (MSB) ein Modellprojekt zur "Interkulturellen Elternarbeit im Rahmen von KAoA" umgesetzt, und zwar von 2017 bis zum Frühjahr 2019 in fünf Regionen Nordrhein-Westfalens. Eltern mit Migrations- und Fluchthintergrund wurden durch Angebote und Veranstaltungen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten waren, informiert und aktiv eingebunden. Die Einbindung erfolgte durch entsprechende Informationsveranstaltungen, den Aufbau von sogenannten "Familien-Bildungs-Cafés", selbst organisierte Elternarbeit untereinander sowie durch die Entwicklung von fachlich begleiteten Elternseminaren. Als innovatives Element wurden zusätzlich mehrsprachige Elternberaterinnen und -berater ausgebildet, die als wichtige Ansprechpersonen neben den Studien- und Berufswahlkoordinatorinnen und -koordinatoren in der Schule erreichbar sind. Darüber hinaus betreiben die mehrsprachigen Elternberaterinnen und-berater Elternarbeit im Quartier, akquirieren neue Kooperationspartnerinnen und-partner und sorgen für eine langfristige Implementierung der Elternformate.
Kommunikation auf Augenhöhe
Von hoher Relevanz ist, dass die Akteurinnen und Akteure nicht einzeln agieren, sondern ein Netzwerk bilden, um den Eltern diverse Zugänge zu bieten. Ein gelingendes Beispiel zeigt sich in der Kooperation der Kommunalen Koordinierungsstelle Hagen/ Ennepe-Ruhr-Kreis mit der dort tätigen KAUSA-Servicestelle, der bundesweiten Koordinierungsstelle Ausbildung und Migration. Die Kommunale Koordinierungsstelle hat eine Elternberaterin beziehungsweise Elternlotsin fortgebildet, welche das interkulturelle Familienbildungscafé an einer Hauptschule in Hagen führt. Sie hält Kontakte zu relevanten Akteurinnen und Akteuren wie der Berufsberatung der Agentur für Arbeit, den Koordinatorinnen und Koordinatoren für Berufliche Orientierung an Schulen, Vertreterinnen und Vertretern der Kammern sowie dem Jugendmigrationsdienst, welche rotierend zum Bildungscafé eingeladen werden. Das Angebot findet ein Mal pro Monat am Nachmittag statt. Solche Rahmenbedingungen haben sich als besondere Gelingensbedingungen herauskristallisiert.
"Von hoher Relevanz ist, dass die Akteurinnen und Akteure nicht einzeln agieren, sondern ein Netzwerk bilden, um den Eltern diverse Zugänge zu bieten."
Die Grundlage einer soliden Netzwerkarbeit ist eine gute Kooperation vor Ort. Im Rahmen interkultureller Elterneinbindung bedeutet dies eine direkte Zusammenarbeit speziell mit Migrantenorganisationen vor Ort und in NRW mit dem Kommunalen Integrationszentrum. Die angebotenen Formate sollten so aufgebaut sein, dass der Zugang für Eltern mit Migrationshintergrund erleichtert ist. Zudem sollte auf eine "Kommunikation auf Augenhöhe" geachtet werden. Mehrsprachiges Informationsmaterial bietet sich an, um eventuell bestehende Sprachbarrieren zu umgehen. Auch mehrsprachige Informationsveranstaltungen zum deutschen Bildungssystem zeigen positive Effekte.
Gelingensbedingungen und Herausforderungen
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Elterneinbindung eine grundlegende Rolle in der beruflichen Orientierung und der Gestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf spielt. Elterneinbindung funktioniert nur dann, wenn sie langfristig implementiert und als Prozess verstanden wird, den es fortlaufend weiterzuentwickeln gilt. Eltern sind zentrale Orientierungspersonen für die Jugendlichen im beruflichen Orientierungsprozess und können einen wesentlichen stabilisierenden Faktor darstellen. Daher ist es essentiell, sie für die Bedeutung ihrer Funktion zu sensibilisieren und mit allen notwendigen Informationen zu versorgen, damit sie sich in dieser unterstützenden Rolle möglichst sicher fühlen. Sie sollten frühzeitig, systematisch und effektiv in den Prozess des Übergangs von der Schule in den Beruf eingebunden werden. Aktivitäten hierzu lassen sich vor Ort nach Bedarf frei gestalten. Die vielfältigen Möglichkeiten zeigen die vorgestellten Beispiele guter Praxis. Aus diesen praktischen Erfahrungen in NRW lassen sich vier erfolgskritische Dimensionen ableiten: die Organisation, die Konzeption, die Qualitätssicherung sowie die Kommunikation.
Elemente der Elternarbeit
Strategische Ressourcenplanung
Umfangreiche Organisation und sorgfältige Vor- und Nachbereitung, regelmäßige Evaluationen. Dafür sollten genügend zeitliche und personelle Ressourcen eingeplant werden.
Elternansprache
Frühzeitige aktive Kontaktaufnahme über Schultermine und verschiedene andere Kanäle wie Plakate, Pressemeldungen, Websites und E-Mail-Aktionen.
Veranstaltungsplanung
Frühzeitige Planung (ein halbes bis Dreivierteljahr zuvor) unter Berücksichtigung der Ferienzeiten mit der Schule und den relevanten Netzwerkpartnerinnen und -partnern durchführen.
Durchführung von Veranstaltungen
Frontale, interaktive und informelle Veranstaltungsteile abwechslungsreich gestalten - am besten mit professionellen Moderatorinnen und Moderatoren sowie verschiedenen Moderationstechniken.
Bedarfe der Eltern feststellen
Regelmäßige Reflektionen und Analysen der Veranstaltungen, Feedback sicherstellen, um heterogene Interessen und Bedarfe der Eltern möglichst genau zu identifizieren.
Pflegen von Netzwerken
Relevante Akteurinnen und Akteure durch regelmäßige Planungs- und Austauschgespräche zu Projekten und Veranstaltungen einbinden.
Interkulturelle Angebote
Zielgruppengerechte mehrsprachige Kommunikation und Beratung, Einbindung von Migrantenorganisationen, Nutzung von Formaten wie Informationsveranstaltungen und Treffpunkten wie "Familien-Bildungs-Cafés".
Nachhaltigkeit
Elterneinbindung langfristig als Prozess implementieren, bei dem die Konzepte und die Elternangebote vor Ort fortlaufend weiterentwickelt werden.
Resümierend ist bei der Betrachtung dieser Dimensionen insbesondere die große Bedeutung der Zielgruppenbestimmung hervorzuheben. Die entscheidende Frage lautet: An welche Zielgruppe soll sich das Angebot richten? Eine einzige Zielgruppe "Eltern" existiert nicht. Eltern haben je nach sozial-ökonomischem Hintergrund heterogene Bedürfnisse, deshalb bedarf es unterschiedlicher Wege der Ansprache.
"Eine einzige Zielgruppe "Eltern" existiert nicht."
Genauso essentiell wie eine zielgruppengerechte Angebotsplanung ist die Zusammenarbeit mit den relevanten Partnerinnen und Partnern vor Ort. Hier setzt NRW im Rahmen von KAoA auf die Selbstverantwortung in Form eines Koordinierungsprozesses aller am Übergang beteiligter Akteure: Um spezifische Konzepte umzusetzen, die Eltern angemessen mit Informationen versorgen und sie auf unterschiedlichen Kommunikationswegen erreichen können, ist ein weitreichendes Netzwerk unerlässlich. Durch eine effektive und abgestimmte Zusammenarbeit können die vorhandenen Ressourcen der einzelnen Akteurinnen und Akteure optimal eingesetzt werden und so zu erfolgreichen Ergebnissen führen.
Literatur
Baum, Simone; Wagner, Bianca (2014): Kooperation mit Eltern am Übergang Schule-Beruf. Erfahrungen der Schulsozialarbeit und Ergebnisse des Modellprojektes „Gemeinsam in die Zukunft“, in: Pötter, Nicole (Hrsg.): Schulsozialarbeit am Übergang Schule-Beruf, Wiesbaden.
IAW, SOKO (2017): Aktivierungspotenzial von Eltern im Prozess der Berufsorientierung – Möglichkeiten und Grenzen. Studie für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Auftrag des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB).
Maschetzke, Christiane (2009): Die Bedeutung der Eltern im Prozess der Berufsorientierung, in: Oechsle, Mechtild, Helen Knauf, Maschetzke, Christiane, Elke Rosowski: Abitur und was dann? Berufsorientierung und Lebensplanung junger Frauen und Männer und der Einfluss von Schule und Eltern, Wiesbaden, 181-228.
Richter, Maria (2016) (Diss.): Berufsorientierung von HauptschülerInnen. Zur Bedeutung von Eltern, Peers und ethnischer Herkunft, Wiesbaden