21.11.2022 | Redaktion | Stiftung Mercator
Barrieren und Chancen für Geflüchtete
Wie können Geflüchtete mit geringer Bildung am deutschen Arbeitsmarkt teilhaben?
Für junge Menschen, die keinen formalen beruflichen Bildungsabschluss besitzen, bietet eine Berufsausbildung eine Möglichkeit, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Geflüchtete Menschen haben es jedoch bei der Bewerbung auf einen Ausbildungsplatz meist schwer. Wie lassen sich diese Hemmnisse vermindern? Das analysierten das Institut für Mittelstandsforschung der Universität Mannheim und die Julius-Maximilians-Universität Würzburg in der Studie "Mehr Ausbildung wagen! Barrieren und Chancen für die Einstellung von Geflüchteten in deutschen Unternehmen".
Von über 1.100 ausbildenden Unternehmen aus Industrie, Handel und Handwerk gaben 83 Prozent an, unter Fachkräftemangel zu leiden. Das ergab eine im Auftrag der Stiftung Mercator durchgeführte Befragung im Sommer 2021. Demgegenüber berichten 29 Prozent davon, bereits Geflüchtete eingestellt zu haben. Nur acht Prozent der befragten Betriebe haben Beratungsleistungen zur Integration von Geflüchteten in Anspruch genommen. Viele Unternehmen melden Bedenken an, Geflüchtete langfristig an sich binden zu können (45 Prozent) und haben Bedenken in Bezug auf ihren Aufenthaltsstatus (69 Prozent) und die Verständigung innerhalb der Belegschaft (87 Prozent). Diese Aspekte überschatten die Perspektive von Unternehmen, die Aufnahme von Geflüchteten als Gewinn für das betriebliche Klima oder die Reputation des Unternehmens zu sehen (22 Prozent).
In die Umfrage wurde ein sogenanntes "Auswahlexperiment" eingebaut, um die entscheidenden Faktoren für die Einstellung von Geflüchteten zu identifizieren. Dabei wird eine möglichst realitätsnahe Bewerbungssituation simuliert, in welcher den Personalverantwortlichen der befragten Unternehmen mehrfach je zwei Kandidatinnen oder Kandidaten vorgelegt werden - einmal mit und einmal ohne Fluchterfahrung. Die Befragten sollen dann jeweils angeben, welchen davon sie eher für eine Ausbildungsstelle einstellen würden. Im Auswahlexperiment zeigt sich, dass die Unternehmen neben den vieldiskutierten Deutschkenntnissen insbesondere Signale für Disziplin und Motivation als entscheidende Kriterien bei der Einstellung von Geflüchteten heranziehen. Besonders wichtig sind dabei absolvierte Praktika und geringe Fehlzeiten im Schul- und Kursalltag.
Sprachkenntnisse, Disziplin und Motivation
Das Fazit der Studie: Die duale Ausbildung kann aus Sicht der Autorinnen und Autoren als Türöffner für die Integration von Geflüchteten dienen. Hierfür müssen aber alle Seiten aktiv werden. Geflüchtete sollten versuchen und dahingehend beraten werden, sich durch gute Sprachkenntnisse, Disziplin und Motivation auszuzeichnen. Die Unternehmen sollten verstärkt niedrigschwellige Schnupperpraktika anbieten, die eine bessere Einschätzung der Qualifikation der Geflüchteten für eine Ausbildung ermöglichen. Die Kammern und die Politik sollten für Zugang zu sprachlichen Förderprogrammen und eine enge Verzahnung der Angebote mit der dualen Ausbildung sorgen.