04.04.2024 | Redaktion | DJI
Vom Aufwachsen in Armut
In einer Studie Deutschen Jugendinstituts (DJI) kommen junge Menschen zu Wort
Kinder und Jugendliche, die in Armut aufwachsen, haben meist einen eingeschränkten Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und angemessener Ernährung. Dies kann langfristige Auswirkungen auf ihre körperliche, emotionale und kognitive Entwicklung haben. In einer qualitativen Studie mit 54 von Armut betroffenen und bedrohten Kindern und Jugendlichen untersuchte nun das Deutsche Jugendinstitut (DJI) Armuts-, Ausgrenzungs- und Teilhabeerfahrungen im Kontext ihrer individuellen Lebenswelten. Dabei gaben die jungen Menschen Auskunft über ihr eigenes Erleben.
Bei der Befragung hat sich gezeigt, dass Kinder und Jugendliche sehr differenziert und reflektiert über ihre Lage und Bedürfnisse Auskunft geben können. Für viele von ihnen ist Armut so normal, dass sie sich selbst oft gar nicht als arm wahrnehmen – oder sie relativieren die eigene Armut, indem sie sich mit anderen vergleichen, die weniger Ressourcen haben. Die Autorinnen interpretieren diesen sozialen Abwärtsvergleich als möglichen Schutzmechanismus, der dazu dient, eine optimistische Perspektive und einen positiven Selbstwert aufrechtzuerhalten. Aus den Erzählungen der Befragten geht jedoch hervor, dass die Armutsfolgen teilweise gravierend sind. Finanzielle Problemlagen erscheinen nicht nur als Dauerbelastung, sie verhindern unter anderem auch soziale Teilhabe. Die Autorinnen sehen hier die Gefahr sozialer Exklusion.
Für die Befragten sind ihre Familien der zentrale Lebensraum und ihr wichtigster Rückzugsort. Familiäre Notlagen bekommen sie unmittelbar mit. Dass sie deshalb selbst auf vieles verzichten, ist für sie selbstverständlich. Die Kinder und Jugendlichen haben nicht nur ihre Ansprüche und Wünsche im Blick, sondern nehmen auch auf andere Familienmitglieder Rücksicht. Einige der Befragten berichten von einer beträchtlichen Mitverantwortlichkeit für das familiale Wohlergehen.
Niedrigschwellige Erreichbarkeit wichtig
Da die Problemkonstellationen bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen sehr komplex sind, empfehlen die Autorinnen, dass finanzielle Unterstützungssysteme mit Angeboten und Leistungen kombiniert werden, die weitere Lebensbereiche betreffen. Familien und ihre Kinder brauchen aus ihrer Sicht sowohl persönlich als auch räumlich eine Anlaufstelle jenseits verschiedener Zuständigkeiten: "Sie benötigten eine niedrigschwellige Erreichbarkeit, eine vertrauensvolle Kommunikation und nichtdiskriminierende Beratung." Lebensweltnahe Institutionen wie beispielsweise inklusive Jugendarbeit oder Schulen könnten als erste Anlaufstellen dienen und Informationen vermitteln. Diese Strukturen müssten vor allem in Krisenphasen finanziell abgesichert sein und idealerweise ausgebaut werden, damit sie möglichst vielen von Armut betroffenen Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stünden.