30.04.2024 | Redaktion | Bayerischer Jugendring
Jugendarbeit bietet Schutzräume
Studie des Bayerischen Jugendrings zur Situation von LSBTIQA*-Jugendlichen
Wie geht es LSBTIQA*-Jugendlichen in Bayern? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Forschungsprojekt "How are you?" des Bayerischen Jugendrings (BJR). Eine Befragung von über 2.000 jungen Menschen zwischen 14 und 27 Jahren in Bayern ergab: Sie sind in vielen Lebensbereichen Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen ausgesetzt, die ihr Wohlbefinden und ihre Resilienz beeinträchtigen. Die Studie unterstreicht die positive Rolle, die Angebote der Jugendarbeit und queere Communities spielen, indem sie Räume für Verständnis, Unterstützung und Vernetzung schaffen.
Die Ergebnisse der Jugendstudie bieten erstmals eine fundierte Datenbasis zur Lebensrealität von LSBTIQA*-Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Bayern. Sie zeichnen ein umfassendes Bild von den Erfahrungen, Herausforderungen und Bedürfnissen einer oft übersehenen Gemeinschaft. Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen stellen gerade junge Menschen vor besondere Herausforderungen in ihrer Identitätsentwicklung, da Ablehnung, (antizipierte) Diskriminierung sowie verinnerlichte "Queernegativität" gesundheitsschädlichen Stress erzeugen können. Ein offenes und unterstützendes Umfeld sowie spezifische queere Angebote können sich dagegen positiv auf das Wohlbefinden von LSBTIQA* Jugendlichen auswirken.
Arten und Orte von Diskriminierungen
Diskriminiert fühlen sich die Befragten durch das Infragestellen der queeren Identität ("Ist doch nur eine Phase"), Beschimpfungen und Beleidigungen, Kontaktabbruch und Ausgrenzung, das Verbreiten von Gerüchten und Lügen, Imitieren und Lächerlich machen, fehlendes Bewusstsein für LSBTIQA* etwa bei Polizei oder Behörden sowie fehlende Sichtbarkeit in Lehrmaterialien. "In der Schule" (55,7 Prozent), "in der Öffentlichkeit" (52,5 Prozent) und "im Internet/in sozialen Netzwerken" (46,7 Prozent) sowie "in der Herkunftsfamilie" (44,4 Prozent) sind die Orte, an denen junge Menschen die meisten Diskriminierungserfahrungen machen. Die größte Offenheit im Umgang mit ihrer LSBTIQA*-Identität zeigen junge queere Menschen im Freundeskreis (88 Prozent), die geringste am Arbeitsplatz (29,5 Prozent).
Die Studie unterstreicht die positive Rolle, die spezifische Angebote der Jugendarbeit und queere Communities spielen. Die Befragten gaben an, in ihrer Freizeit häufiger an queeren als an allgemeinen Jugendangeboten teilzunehmen: 62 Prozent besuchen mindestens eine Jugendgruppe, am häufigsten Theater-/Musik-/Tanzgruppen oder einen Chor, Online-Communities/-Gruppen sowie LSBTIQA*-Jugendgruppen. Allerdings gibt es hier große Unterschiede zwischen den Jugendlichen, die in Metropolen und in ländlichen Regionen leben.
Handlungsempfehlungen
In Anbetracht der Studienerkenntnisse ruft der BJR zu verstärkten Bemühungen auf, um das gesellschaftliche Klima zu verbessern und LSBTIQA*-Jugendlichen in Bayern eine Stimme zu geben. Die Studie liefert konkrete Handlungsempfehlungen, die es aus Sicht der Autorinnen und Autoren im Sinne einer diversitätssensiblen Gesellschaft umzusetzen gilt:
- Spezifische Jugendarbeit verstärken: Die Studie verdeutlicht die Bedeutung spezifischer Angebote der Jugendarbeit: Hier finden junge LSBTIQA*-Menschen Verständnis, Unterstützung und Schutz vor Diskriminierung. Daher lautet die dringende Empfehlung, diese Angebote zu verstärken und landesweit zugänglich zu machen.
- Sensibilisierung und Bildung vorantreiben: Um ein inklusives Klima zu fördern, sind Sensibilisierungs- und Bildungsprogramme für die breite Öffentlichkeit sowie für Fachkräfte in den Bereichen Schule, Arbeit und Gesundheitswesen essentiell. Die Studie betont die Notwendigkeit, das Bewusstsein für LSBTIQA*-Themen zu schärfen und Diskriminierung aktiv entgegenzuwirken.
- Vernetzung und Selbstorganisation stärken: Die Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit von Begegnungs- und Vernetzungsmöglichkeiten für LSBTIQA*-Jugendliche. Die Förderung von queeren Selbstorganisationen und Online-Communities kann dazu beitragen, Isolation zu vermindern und das psychosoziale Wohlbefinden zu steigern.