11.10.2023 | Redaktion | AGJ
Übergangssystem kohärent gestalten
Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ)
Ein Thema, das die Bildungslandschaft in Deutschland schon lange beschäftigt, bekommt aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) durch die Folgen der Corona-Pandemie neue Brisanz. In einem Positionspapier fordert die AGJ, die Angebote der Ausbildungsförderung neu zu gestalten, um zu einem kohärenten Übergangssystem zu kommen. Das System, das viele Fachleute wegen mangelnder Kohärenz lieber als "Übergangsbereich" bezeichnen, habe sich in der Pandemie als nicht krisensicher erwiesen und müsse deshalb dringend verbessert werden.
Im Positionspapier "Systemfehler?! Junge Menschen am Übergang Schule-Beruf. Ein Blick von Seiten der Kinder- und Jugendhilfe" analysiert die AGJ die Folgen der Corona-Pandemie für die betroffenen Jugendlichen: "Viele junge Menschen verloren den Anschluss, Übergangsprozesse funktionierten nicht wie sie sollten. In einer Zeit, in der aufgrund von Fachkräftemangel und Arbeitsmarktveränderungen, der Blick besonders auf junge Menschen gerichtet werden muss, ist dies gesamtgesellschaftlich besonders gravierend, da insbesondere benachteiligte junge Menschen mehr Unterstützung bräuchten, um ihre Chancen auf Ausbildung und Beschäftigung zu verbessern und ihre Potentiale einzubringen."
Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft werden – unter anderem wegen fehlender finanzieller Mittel – immer weniger Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe am Übergang Schule-Beruf angeboten. die Verantwortung werde in erster Linie dem System der Arbeitsförderung und Grundsicherung (SGB III/II) zugeordnet. Damit sei es der öffentlichen Jugendhilfe immer weniger möglich, den Blick auf die jungen Menschen und deren Bedürfnisse zu richten, vielmehr stünden wirtschaftliche Ausgangslagen oder eine bessere Passung aus Sicht des Ausbildungssystems in den Maßnahmen der Jobcenter und der Bundesagentur für Arbeit im Vordergrund.
Ganzheitliche Unterstützungsangebote
Das Positionspapier wiederholt deshalb eine alte Forderung: "Instrumente des SGB II, III und SGB VIII für benachteiligte junge Menschen sind besser aufeinander abzustimmen und inklusiv zu gestalten. Sie sind stärker auf die besonderen Belange dieser Zielgruppe und die Gewährleistung ganzheitlicher Unterstützungsangebote für diese auszurichten." Ergänzend sollten begleitende Coaching-Angebote, sozialpädagogische Begleitung durch die Jugendsozialarbeit und aufsuchende Angebote etabliert und ausgebaut werden. Diese Begleitung junger Menschen müsse auf der Basis kontinuierlicher, verlässlicher Beziehungsarbeit erfolgen und sei mit befristeter Projektarbeit unvereinbar.
Darüber hinaus sollte die Berufsorientierung früh beginnen, Möglichkeiten des Ausprobierens, Entdeckens und Verwerfens einschließen und Selbsterfahrungen junger Menschen ermöglichen. Sie sollte an Schulen mehr nach abgestimmten Berufsorientierungskonzepten entwickelt werden – auch mit externen Bildungsträgern und Trägern der Jugendsozialarbeit. Praktikumsplätze sollten verstärkt geschaffen und Kooperationen ausgebaut werden.
Stärkung der Jugendberufsagenturen
Aufsuchende und rechtskreisunabhängige, niedrigschwellige Angebote der Jugendsozialarbeit im Sozialraum sollten ausgebaut und abgesichert werden. Als Motor rechtskreisübergreifender Arbeit sei auch eine Stärkung der Jugendberufsagenturen erforderlich. Auch könne eine inklusive und ausreichend ausgestattete Ausbildungsgarantie einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung gesellschaftlicher Teilhabe Benachteiligter sowie zur Fachkräftesicherung in Deutschland leisten.
Aus Sicht der AGJ funktioniert das System nur mit einer auskömmlichen Finanzierung, die die Angebote, die Träger und somit auch die jungen Menschen und ihren weiteren Lebensweg absichert. Der Rückbau der kommunalen Jugendberufshilfeangebote sei "kontraindiziert": "Überfällig ist vielmehr eine Gesamtstrategie am Übergang Schule-Beruf, welche unter Beteiligung der jungen Menschen und erfahrener Träger erarbeitet wird und eine Überprüfung der Maßnahmen bei Bund, Ländern und Kommunen beinhaltet."
Weitere Informationen
- AGJ: Positionspapier (PDF)
Die AGJ ist ein Netzwerk bundeszentraler Zusammenschlüsse, Organisationen und Institutionen der freien und öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland.