11.11.2020 | Redaktion | GEW
Teilqualifikationen gescheitert?
DGB sieht "geringe Wirksamkeit" und "begrenzte Relevanz"
Seit der Einführung der Qualifizierungsbausteine im Jahr 2003 stehen Teilqualifikationen als Instrumente der Berufsausbildungsvorbereitung und der Nachqualifizierung in der Kritik. Nun bezeichnete sie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in einer Studie als unwirksamen "Fremdkörper im Qualifizierungssystem". Teilqualifizierungen seien nicht erfolgreicher als andere Formate abschlussorientierter Nachqualifizierung wie Umschulungen. Nur eine kleine Minderheit finde auf diesem Weg zum Erwerb eines Berufsabschlusses.
Übergänge nach absolvierter Teilqualifikation (Grafik: GEW)
Auf der Basis empirischer Daten des BIBB-Datenreports 2020 sowie zweier Sonderauswertungen der Bundesagentur für Arbeit analysierte Mario Patuzzi, Referatsleiter der GEW für Grundsatzfragen der Beruflichen Bildung und Weiterbildung, die Wirksamkeit teilqualifizierender Maßnahmen und kommt zu dem Schluss: "Das Narrativ von Teilqualifikationen kann nicht halten, was es verspricht. Dieser Maßnahmetypus führt die Teilnehmenden in der Regel nicht zu einem Berufsabschluss und trägt erst einmal dazu bei, dass diese im Bereich von Helfer*innentätigkeiten verbleiben." Stattdessen scheine bei vielen Absolventinnen und Absolventen die Arbeitsmarktverwertbarkeit in Kombination mit dem Erwerb von Berechtigungszertifikaten – also etwa Führerscheine, Schweißerscheine oder Bewachungsberechtigungen - im Vordergrund zu stehen.
Erheblicher Forschungsbedarf
Ob Teilqualifikationen als Qualifizierungsformat eine Brücke in eine stabile Beschäftigung und sichere Existenz bauen kann oder ob es sich um ein "Qualifizierungsformat zur Optimierung von Niedriglohnsektoren" handelt, bleibt aus Sicht des Autors vorerst ungeklärt. Generell gebe es einen erheblichen Forschungsbedarf zur Wirksamkeit von modularen Nachqualifizierungsmaßnahmen. Die Zielsetzung der Befürworter, mit Hilfe der Teilqualifikationen eine ebenso kurze wie günstige Maßnahme einer flexiblen Nachqualifizierung Geringqualifizierter zu erreichen, gilt als gescheitert. Unter bestimmten Voraussetzungen sei eine Fortführung dagegen sinnvoll, so Ansgar Klinger, GEW-Vorstandsmitglied für berufliche Bildung und Weiterbildung: "Teilqualifikationen können durchaus hilfreich in einer Nachqualifizierung sein, sie bedürfen aber der Begleitstrukturen und müssen an die Lernenden angepasst werden."