17.10.2023 | Redaktion | Paritätischer Wohlfahrtsverband
Soziale Infrastruktur gefährdet
Befragung von Wohlfahrtsverbänden zu ihrer finanziellen Situation
Wegen gestiegener Kosten drohen nach Einschätzung von Wohlfahrtsverbänden bereits jetzt viele soziale Angebote in ganz Deutschland vollständig wegzubrechen. Nun bahnt sich durch die geplanten Kürzungen der Bundesregierung aus ihrer Sicht eine weitere Katastrophe für die soziale Infrastruktur an. Das zeigen Ergebnisse einer Befragung von Arbeiterwohlfahrt (AWO), Paritätischem Wohlfahrtsverband und der Diakonie Deutschland, an der sich bundesweit mehr als 2.700 gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen aus dem gesamten Spektrum der sozialen Arbeit beteiligten.
Ausschnitt aus der Titelseite der Publikation
Insgesamt verzeichnen die befragten Einrichtungen seit Anfang 2022 eine Kostensteigerung um durchschnittlich 16 Prozent. Fast jede dritte Einrichtung musste zur Kompensation bereits Personal abbauen oder plant Entlassungen. Auch die Möglichkeit, Kostensteigerungen durch höhere Beiträge für Nutzerinnen und Nutzer auszugleichen, scheint weitgehend ausgereizt. Nach Einschätzungen aus der Praxis können sich viele, die besonders auf Unterstützung angewiesen sind, Angebote inzwischen nicht mehr leisten.
Laut Umfrage mussten bundesweit bereits 40 Prozent der befragten Organisationen und Einrichtungen Angebote und Leistungen für Klientinnen und Klienten aus finanziellen Gründen einschränken oder ganz einstellen. 65 Prozent der Befragten gehen davon aus, kurzfristig Angebote und Leistungen weiter reduzieren zu müssen. 59 Prozent aller Befragten rechnen zudem in den kommenden Monaten mit weiteren Einschnitten auf der Einnahmeseite. Die Wohlfahrtsverbände warnen deshalb: "Sollte hier nicht entschlossen gegengesteuert werden, hätte dies enorme Konsequenzen für unser Gemeinwesen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und all jene Menschen, die in schwieriger Lebenslage auf Hilfe, Beratung, Unterstützung und einen stabilen Sozialstaat angewiesen sind."
Etwa ein Drittel der befragten Einrichtungen und Organisationen war im Bereich der Jugendhilfe tätig, 30 Prozent in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung, 22 Prozent im Bereich der Betreuung von Menschen mit Migrationshintergrund und geflüchtete Menschen sowie acht Prozent in der arbeitsweltbezogenen Förderung für Jugendliche und Erwachsene. Bei der Frage nach den Tätigkeitsfeldern waren Mehrfachnennungen möglich.