02.11.2023 | Redaktion | IAB
Planungssicherheit ist entscheidend
IAB analysierte Integrationsvoraussetzungen für geflüchtete Menschen
Geflüchtete Menschen aus der Ukraine haben wegen der der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie der EU, die ihnen einen direkten Schutz ohne Asylverfahren gewährt, deutlich bessere Integrationsvoraussetzungen als Geflüchtete aus anderen Ländern. Schutzsuchende, die ein Asylverfahren durchlaufen müssen, haben während dieser Zeit nur einen beschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt und zu den Förderinstrumenten. Wie eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, ist die Planungssicherheit entscheidend für die Integration.
Nach geltendem Recht dürfen Menschen, die hierzulande Asyl beantragen, keiner Beschäftigung nachgehen, solange sie verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Dieses Beschäftigungsverbot gilt derzeit noch bis zu einer Aufenthaltsdauer von neun Monaten, bei Eltern mit minderjährigen Kindern bis zu sechs Monaten. Grundsätzlich sind alle Asylbewerberinnen und -bewerber verpflichtet, bis zum Abschluss des Asylverfahrens, längstens aber bis zu 18 Monaten nach Zuzug in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Eine Beschäftigung kann allerdings von den Ausländerämtern erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zustimmt und die Betroffenen nicht aus sicheren Herkunftsländern stammen. Nicht erlaubt werden kann die Beschäftigung in den ersten drei Monaten des Aufenthalts. Im laufenden Asylverfahren dürfte die Arbeitssuche aufgrund der Rechtsunsicherheit ohnehin schwierig sein.
Die mittlere Bearbeitungsdauer von Asylanträgen betrug zwischen 2016 und 2018 für Herkunftsländer mit guter Bleibeperspektive (damals: Syrien, Iran, Irak, Eritrea und Somalia) sechs und für Personen aus anderen Ländern elf Monate. Wie Hanna Brenzel und Yuliya Kosyakova im IAB-Kurzbericht 06/2019 zeigten, verzögert ein längeres Asylverfahren nicht nur den Übergang in die erste Erwerbstätigkeit, sondern auch die Aufnahme des ersten Sprachkurses beziehungsweise der ersten Integrationsmaßnahme. Die Arbeitsmarktintegration von Schutzsuchenden wird vor allem durch die Rechts- und Planungsunsicherheit während der Asylverfahren beeinträchtigt, aber auch durch Wohnsitzauflagen, die administrative Verteilung von Geflüchteten sowie die späte Integration in die Beratungs- und Förderstruktur der Jobcenter.
Längerfristige Bleibeperspektiven schaffen
Für die ukrainischen Geflüchteten geht es aus Sicht des IAB deshalb darum, möglichst schnell Rechts- und Planungssicherheit durch längerfristige Bleibeperspektiven zu schaffen, beispielsweise durch Klärung der Bedingungen, unter denen eine längerfristige Aufenthalts- oder eine Niederlassungserlaubnis erlangt werden kann. Demgegenüber ist es für Geflüchtete aus anderen Ländern wichtig, Asylverfahren zu beschleunigen, Beschäftigungsverbote zu reduzieren oder aufzuheben, die administrativen Verteilungsmechanismen zu überdenken und Wohnsitzauflagen aufzuheben.
Für beide Gruppen sei es von zentraler Bedeutung, möglichst früh Integrations- und andere Sprachprogramme anzubieten, um den Spracherwerb zu beschleunigen. Zudem sollte der Erwerb von Bildungs- und Ausbildungsabschlüssen gefördert, die Anerkennung bestehender Abschlüsse beschleunigt und die Unterstützung der Arbeitssuche und -vermittlung intensiviert werden.