19.11.2018 | Redaktion
Lehrermangel an Berufsschulen
Bertelsmann Stiftung und GEW zeigen Bedarf und nötige Maßnahmen
Der schon vorhandene Lehrermangel an Berufsschulen wird sich in den kommenden Jahren noch stärker zuspitzen. In einer Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt der Bildungsforscher Klaus Klemm, dass sich das Problem allein wegen des Ersatzbedarfs für ausscheidende Lehrkräfte weiter verschärfen wird. Da der Lehrkräftemangel seinen Höhepunkt aber erst nach 2025 erreicht, kann man noch gegensteuern, sofern wieder mehr Berufsschullehrer ausgebildet werden. Eine Studie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unterstreicht die Notwendigkeit, mehr Lehrkräfte auszubilden und gibt eine detaillierte Prognose auf Länder- und Bundesebene ab.
Foto: überaus / Julia Berlin
Klaus Klemm untersuchte, wie sich der Lehrkräftebedarf und das Lehrkräfteangebot bis zum Jahr 2035 voraussichtlich entwickeln werden. Die aktuellen Daten aus der Hochschulstatistik zeigen, dass der Bedarf nicht durch Absolventen der Lehrerausbildung für das Lehramt an beruflichen Schulen gedeckt werden kann. In den kommenden Jahren werden nicht mehr als 2.000 Absolventen jährlich zur Verfügung stehen, während der Einstellungsbedarf bis zum Jahr 2020 bei ungefähr 4.000 Lehrkräften jährlich liegen wird. Bis zum Jahr 2025 sinkt dieser jährliche Einstellungsbedarf zunächst auf etwa 3.300 Personen, steigt aber bis 2030 auf 4.800 und bis 2035 sogar auf über 6.000 Lehrkräfte an.
Zwar scheint sich die Situation an den beruflichen Schulen im Hinblick auf die Schülerzahlen in den kommenden Jahren zu entspannen, denn bis zum Jahr 2025 sinken für ganz Deutschland gerechnet die Schülerzahlen an beruflichen Schulen und erreichen den Ausgangswert erst wieder 2035, zum Ende des untersuchten Zeitraums. Aufgrund der Altersstruktur der Lehrer an beruflichen Schulen wird es allerdings zu einem hohen Ersatzbedarf kommen, der das Problem der fehlenden Lehrkräfte in Zukunft noch weiter verschärfen wird: Fast 50 Prozent der Lehrkräfte werden in den nächsten Jahren altersbedingt ausscheiden. In den Flächenländern Ost ist diese Quote mit knapp 60 Prozent noch einmal deutlich höher.
Laut Studie sind demnach sowohl kurzfristige Maßnahmen notwendig, um den schon bestehenden Mangel auszugleichen, denn es fällt den Berufsschulen schon seit Jahren es schwer, ihren Bedarf zu decken. Auch langfristig müssen aber deutlich mehr Lehrkräfte ausgebildet werden, um diese Säule des dualen Ausbildungssystems nachhaltig zu stützen.
"Die vorliegenden Daten verweisen auf eine erhebliche und grundlegende Fehlsteuerung in der Lehrerbildung in Deutschland."
Studie der GEW
Die GEW-Studie zeichnet dabei ein differenziertes Gesamtbild auf der Ebene der Bundesländer. Danach wird der Lehrkräftebedarf in den westdeutschen Flächenländern in den kommenden Jahren stark abnehmen und erst gegen Ende des Prognosezeitraums im Jahr 2030 wieder etwas ansteigen, während er in den ostdeutschen Bundesländern erst leicht und dann immer stärker ansteigen wird. Lediglich in den Hessen und in Bremen wird er voraussichtlich konstant bleiben. Die Studie kommt deshalb zu der Schlussfolgerung, dass die Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen aller Länder deutlich ausgebaut werden müssen, und zwar nicht nur für die Berufsschulen, sondern auch für die allgemeinbildenden Schulen (Primar- und Sekundarstufe I) sowie für die Sonderpädagogik: „Die vorliegenden Daten verweisen auf eine erhebliche und grundlegende Fehlsteuerung in der Lehrerbildung in Deutschland.“
Um den zukünftigen Bedarf der Berufsschulen zu decken, sind aus Sicht der Autoren Maßnahmen auf mehreren Ebenen nötig: Die pädagogische Arbeit an Berufsschulen muss attraktiver gestaltet werden, die Investitionen in die Ausbildung sind deutlich zu erhöhen, und die Nachqualifizierung von Quer- und Seiteneinsteigern muss gestärkt werden.