23.04.2021 | Redaktion | BAG LJÄ
Jugendämter sehen starke Defizite
Bundesarbeitsgemeinschaft veröffentlichte Umfrage zu Folgen der Pandemie
Nicht nur Kinder, Jugendliche und ihre Familien in "prekären" Lebenslagen sind von den negativen Folgen der Corona-Pandemie betroffen, sondern zunehmend auch die Gesellschaft in ihrer ganzen Breite. Eine Umfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter (BAG LJÄ) unter den deutschen Jugendämtern kommt zu dem Schluss: "Die Folgen der Pandemie betreffen weitgehend alle jungen Menschen und Familien mit deutlichen negativen Auswirkungen." Allerdings seien diese für Familien in prekären Lebensumständen besonders weitreichend.
Vor allem in den Bereichen schulische Teilhabe, Übergänge in Ausbildung, Kontakt zu Gleichaltrigen, Freizeitverhalten und Engagement in Vereinen sowie ehrenamtliche Aktivitäten sehen über 80 Prozent der Befragten eine Verschlechterung oder sogar eine starke Verschlechterung der Lebenssituation. Nach Einschätzung der Jugendämter sind zwar alle Gruppen junger Menschen und Familien von den Auswirkungen der Pandemie betroffen, besonders stark treffe dies aber auf Kinder zwischen drei bis unter sechs Jahren und Kinder zwischen sechs bis unter 14 Jahren zu, auf Alleinerziehende und psychisch erkrankte Elternteile sowie Familien in prekären Lebenslagen. Die geringste Veränderung sehen die Jugendämter bei "bildungsnahen" Familien.
Nach Einschätzung von 80 bis 90 Prozent der befragten Jugendämter hat sich die Erreichbarkeit von Jugendlichen zwischen 14 bis unter 18 Jahren, von Familien in prekären Lebenslagen und von psychisch erkrankten Eltern verschlechtert. Wenn junge Menschen aufgrund fehlender sozialer Orte und Kontakte nicht mehr erreicht werden könnten, dann gelinge auch der Einstieg in Förderprogramme und präventive Hilfsangebote schlechter oder verspätet. Vor allem mit Blick auf die beiden Abschlussjahrgänge 2020 und 2021 drohten etwa 100.000 jungen Menschen ohne Schulabschluss den Anschluss an eine weitergehende Qualifizierung zu verpassen. Vermutlich werde die Zahl der jungen Menschen ohne Schulabschluss deutlich darüber liegen. Die biografischen und gesellschaftlichen Folgen seien langfristig erheblich.
Post-Corona-Fonds gefordert
Um diesen Folgen etwas entgegenzusetzen, fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter einen "Post-Corona-Fonds Kinder- und Jugendhilfe" in Höhe von jährlich 5,6 Milliarden Euro bis 2027. Insgesamt sehen die Jugendämter einen starken Mehrbedarf in allen Leistungsbereichen der Kinder- und Jugendhilfe sowie in den Bereichen materielle Teilhabe und politische Bildung. Die stärksten Bedarfe werden im Bereich der schulischen Teilhabe und Schulsozialarbeit, der Jugendsozialarbeit, der sozialen Integration und im Bereich des Kinderschutzes gesehen.