23.11.2020 | Redaktion | IAB
Fairer Umgang, aber wenig Hilfe
IAB befragte SGB II-Leistungsberechtigte zur Arbeit der Jobcenter
Zwei Drittel der Leistungsberechtigten nach SGB II betrachten den Umgang der Jobcenter mit ihnen als fair und vertrauenswürdig. Allerdings hält nur knapp ein Drittel die Jobcenter-Betreuung für geeignet, ihnen angesichts ihrer individuellen Problemlagen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Dies ergab eine Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Besonders kritisch ist der Bewertung bei Eltern ohne Verpflichtung zur Arbeitsuche sowie bei gesundheitlich Eingeschränkten mit und ohne Verpflichtung zur Arbeitsuche.
Eine Herausforderung für die Betreuung sind die heterogenen Problemlagen der Menschen, die zum Jobcenter kommen. Der Anteil der Betreuten mit Vermittlungshemmnissen ist in den Jahren vor der Corona-Krise gestiegen. Zudem sind nach eigenen Angaben 55 Prozent dieser Leistungsberechtigten nicht zur Arbeitsuche verpflichtet. Eine kurzfristige Integration in den Arbeitsmarkt ist in diesem Fall eher unwahrscheinlich und es besteht ein höherer Bedarf an Strategien zur langfristigen Verbesserung der Erwerbschancen. Zu den besonders gravierenden Vermittlungshemmnissen zählen gesundheitliche Einschränkungen, Kinderbetreuungs- oder Pflegeverpflichtungen, vor allem aber das Fehlen eines Berufsabschlusses.
Die Betreuerinnen und Betreuer müssen also spezifische Problemlagen und Lebenssituationen der Leistungsberechtigten berücksichtigen, wobei der Anstieg des Anteils der Personen mit Vermittlungshemmnissen in den letzten Jahren eine besondere Herausforderung darstellt. Einen drastischen Anstieg verzeichnen die Jobcenter durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie: Im Rechtskreis SGB II stieg beispielsweise die Zahl der unter-25-jährigen (+23.000 bzw. +18 Prozent) und der akademisch ausgebildeten (+17.000 bzw. +27 Prozent) Arbeitslosen im Vergleich zu älteren und geringer qualifizierten Arbeitslosen überproportional an. Auch viele Selbstständige sind im Zuge der Krise plötzlich auf die Vermittlung und Beratung der Jobcenter angewiesen – hier stieg die Zahl um den Faktor 20. Nun stehen die Jobcenter vor der Herausforderung, ihre Vermittlungsstrategien neu auszurichten, ohne dabei die Personengruppen mit bisher schon großen Problemen auf dem Arbeitsmarkt zu vernachlässigen.