09.03.2017 | Redaktion
Mehr Chancengerechtigkeit, aber…
Der Anteil von Schülerinnen und Schülern, die das Schulsystem ohne einen Hauptschulabschluss verlassen, ist von 2002 bis 2014 stetig gesunken: von 9,2 Prozent auf 5,8 Prozent. Auch bei den ausländischen Schülerinnen und Schülern sank der Anteil von 16,7 Prozent (2002) auf 12,1 Prozent (2011), stieg dann bis 2014 aber wieder auf 12,9 Prozent an. Der Chancenspiegel 2017 der Bertelsmann Stiftung zieht insgesamt eine positive Bilanz der Schulentwicklung im beobachteten Zeitraum, stellt aber auch fest: Die soziale Herkunft beeinflusst die Chancen der Schülerinnen und Schüler nach wie vor erheblich. Auch die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind seit 2002 größer geworden.
Insgesamt bescheinigt die Studie den Schulsystemen der deutschen Bundesländer, eine gute Arbeit geleistet zu haben: Sie seien „leistungsstärker und chancengerechter“ geworden, allerdings auf unterschiedlichem Niveau und mit unterschiedlichen Schwachstellen. So setzten die Länder das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf um, unterscheiden sich in der Vorgehensweise und den erreichten Erfolgen aber deutlich. Bundesweit stieg der Anteil der Förderschüler in inklusiven Klassen von 13,3 Prozent (2002) auf 34,1 Prozent (2014). Hier lagen die Stadtstaaten und Schleswig-Holstein vorne, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt bildeten das Schlusslicht.
Auch beim Anteil ausländischer Schülerinnen und Schüler ohne Hauptschulabschluss zeigen sich erhebliche Unterschiede. In der Ländergruppe mit dem höchsten Anteil (Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Berlin und Sachsen) waren es im Jahr 2014 18,4 Prozent (2002: 22,8 Prozent). Die Ländergruppe mit dem niedrigsten Anteil bildeten Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen: Hier konnte das niedrige Durchschnittsniveau von 2002 (5,5 Prozent) jedoch nicht gehalten werden, es stieg auf 8,7 Prozent.
Es wird eine der großen zukünftigen Herausforderungen des deutschen Schulsystems, zugewanderten Jugendlichen zumindest einen Hauptschulabschluss zu ermöglichen.
In ihrem Resümee fordern die Autorinnen und Autoren der Studie Bund und Länder auf, mehr in die Schulsysteme zu investieren, denn nur dann könnte der Weg in Richtung Chancengerechtigkeit für alle Schülerinnen und Schüler fortgesetzt werden: „Wenn die individuelle Förderung nicht weiter vorangetrieben wird, werden die Unterschiede zwischen Kindern aus bildungsnahen und bildungsfernen Schichten sich nicht verringern und der Anteil von Kindern ohne Schulabschluss wird nicht weiter gesenkt werden können.“
Der Chancenspiegel ist ein gemeinsames Projekt der Bertelsmann Stiftung, des Instituts für Schulentwicklungsforschung (IFS), der Technischen Universität Dortmund und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die ausführliche Studie ist für 36 Euro beim Bertelsmann Verlag erhältlich, die wichtigsten Daten und Fakten sind unter www.chancen-spiegel.de abrufbar.