03.03.2017 | Redaktion

Armutsbericht 2017: Höchste Armutsquote trotz guter Wirtschaftsentwicklung

Bei den Alleinerziehenden, den Erwerbslosen sowie bei Menschen mit niedrigem Qualifikationsniveau ist die Armutsquote in den vergangenen zehn Jahren besonders stark gestiegen. Dies zeigt der Armutsbericht 2017 des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Bei kinderreichen Familien, Ausländern und Menschen mit Migrationshintergrund sank die Quote leicht, bleibt jedoch auf hohem Niveau, so dass diese weiter zu den Risikogruppen zu zählen sind. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sind Jugendliche und junge Erwachsene nach wie vor besonders stark von Armut bedroht.

"Menschenwürde ist Menschenrecht - Bericht zur Armutsentwicklung in Deutschland 2017"

Im Ländervergleich zeigt sich, dass die ostdeutschen Bundesländer ihre Armutsquoten von 2005 bis 2015 signifikant abbauen konnten, allerdings liegen sie immer noch höher als der gesamtdeutsche Durchschnitt. Am stärksten stieg die Quote jedoch in Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen, während Bayern und Hamburg keine Steigerung zu verzeichnen hatten. Als „armutspolitische Problemregionen“,  die besondere Aufmerksamkeit verdienen, müssen das Ruhrgebiet und Berlin angesehen werden.

Auf Gesamtdeutschland bezogen erreichte die Armutsquote im Jahr 2015 mit 15,7 Prozent einen neuen Höchststand. Damit lebten rund 12,9 Mio. Menschen in Deutschland unter der Einkommensarmutsgrenze. Dabei schlug sich die insgesamt gute Wirtschaftsentwicklung des Jahres 2015 nicht in einem Abbau der Armut nieder. Insgesamt, so der Befund des Armutsberichts, geht der zunehmende gesamtgesellschaftliche Reichtum mit zunehmender Ungleichheit und der Abkopplung einer immer größeren Zahl von Menschen vom allgemeinen Wohlstand einher.

Der Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands enthält neben empirischen Daten zur Armutsentwicklung in Deutschland Analysen zur Lebenssituation und Armut einzelnen Personengruppen sowie zu Querschnittsthemen wie Wohnungslosigkeit, Gesundheit und Armut. Der Bericht ermittelt die relative Einkommensarmut. Er folgt damit dem Armutsbegriff der EU-Kommission, der vor über 30 Jahren festgelegt wurde. Arm sind danach alle, die über so geringe Mittel verfügen, „dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist“, wie es einem entsprechenden Kommissionsbericht heißt. Gesellschaftliche Teilhabe gilt demnach als deutlich eingeschränkt, wenn wen man über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens einer Gesellschaft verfügt.

"Gemessen an der Armutsquote geht der zunehmende gesamtgesellschaftliche Reichtum mit zunehmender Ungleichheit und der Abkopplung einer immer größeren Zahl von Menschen vom allgemeinen Wohlstand einher."

 

Herausgeber des Armutsberichts sind neben dem Paritätische Gesamtverband auch das Deutsche Kinderhilfswerk, der Volkssolidarität Bundesverband, die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, der Deutsche Kinderschutzbund, der Verband alleinerziehender Mütter und Väter, der Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte, die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie, PRO ASYL und die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben (ISL). Für den 27. und 28. Juni 2017 kündigen die Organisationen den nächsten großen armutspolitischen Hauptstadtkongress an, für den unter anderem auch der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Nationale Armutskonferenz als Mitveranstalter gewonnen werden konnten.