06.06.2024 | Redaktion | BMFSFJ
Einsamkeit: Die stille Epidemie
Familienministerium veröffentlicht Einsamkeitsbarometer 2024
Seit dem Pandemiejahr 2020 sind junge Erwachsene im Alter von 18 bis 29 Jahren am stärksten von Einsamkeit betroffen – während dies zuvor für Menschen über 75 Jahren galt. Dies zeigt das Einsamkeitsbarometer 2024 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), eine Untersuchung der Langzeitentwicklung von Einsamkeitsbelastungen innerhalb der deutschen Bevölkerung ab 18 Jahren. Einsamkeit hat erhebliche negative Wirkungen auf die physische und psychische Gesundheit sowie auf die gesellschaftliche Teilhabe und das Vertrauen in politische Institutionen.
Die Daten zeigen konkret, dass Personen über 75 Jahre im Längsschnitt am stärksten von Einsamkeit betroffen sind. Das erste Pandemiejahr 2020 hatte allerdings einen so starken Einfluss auf die Einsamkeitsbelastung jüngerer Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, dass sich dieser Effekt umgedreht hat und trotz Verringerung weiter anhält. Während der Pandemie stieg die Einsamkeitsbelastung bei jüngeren Menschen also besonders stark an. 2020 waren sie mit 31,8 Prozent stärker von Einsamkeit belastet als Personen im Alter von über 75 Jahren und älter (22,8 Prozent). Unabhängig vom Alter sind arme und erwerbslose Menschen besonders stark von Armut betroffen – aber auch Menschen, die intensive Care-Arbeit leisten (insbesondere Alleinerziehende und pflegende Angehörige) sowie Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrung.
Einsamkeitsbelastungen stehen in einem negativen Zusammenhang mit dem Vertrauen in politische Institutionen, dem politischen Interesse der Bevölkerung sowie mit der Motivation zur Beteiligung an politischen Prozessen. So zeigt das Einsamkeitsbarometer für das Jahr 2021 ein signifikant niedrigeres Vertrauen in politische Institutionen bei Menschen mit erhöhter Einsamkeitsbelastung. Diese glauben auch häufiger an eine politische Verschwörungsmythen.
Bildung und Einsamkeit
Die Untersuchung zeigt aber auch, dass die deutsche Bevölkerung über ein "solides Fundament" an Resilienz gegen Einsamkeit verfügt. Besuche innerhalb der Familie, im Freundeskreis sowie bei Nachbarn und Nachbarinnen sind auf einem konstant hohen Niveau – auch während der Pandemie. Daneben ist Bildung ein wichtiger Resilienzfaktor gegen Einsamkeit: Personen mit höherer Bildung sind weniger von Einsamkeit betroffen als Personen mit mittlerer Bildung, die wiederum weniger von Einsamkeit betroffen sind als Personen mit einem geringen Bildungsstand.
Bei präventiven Maßnahmen gegen Einsamkeit sollte deshalb in der Aufklärungsarbeit auf Zugänge geachtet werden, die speziell auf einsame Menschen mit niedrigem Bildungsstand zugeschnitten sind. Alleinerziehende und Pflegende sind besonders stark von Armut bedroht - bei ihnen fällt also Armutsbekämpfung und Einsamkeitsprävention zusammen. Insgesamt empfehlen die Autorinnen und Autoren des Einsamkeitsbarometers, Einsamkeitsprävention und -intervention in die Politik gegen Armut zu integrieren. Ein Teil der Belastungen von Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung könnte reduziert werden, wenn ihr Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt verbessert wird.