15.05.2024 | Redaktion | Paritätischer Gesamtverband
Jugendarmut ist zurückgegangen
Expertise des Paritätischen Gesamtverbandes zur Armutsentwicklung
Die Armutsquote bei jungen Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren ist in den Jahren von 2021 bis 2023 von 25,8 Prozent auf 25,0 Prozent gesunken. Das zeigt eine Expertise zu den Erstergebnissen des Mikrozensus zur Armutsentwicklung des Paritätischen Gesamtverbandes. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sank sie von 21,3 Prozent auf 20,7 Prozent. Zum ersten Mal seit Einführung der Armutsstatistik auf Basis des Mikrozensus im Jahr 2005 hat die Armut damit zwei Jahre in Folge abgenommen - wenn auch nur leicht.
Ausschnitt aus der Titelseite der Expertise
Aus Sicht des Autors der Expertise, Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider, könnte sich damit möglicherweise tatsächlich ein Bruch des seit 2006 herrschenden Trends stetig steigender Armutsquoten andeuten. Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, wären mit 14,1 Millionen Menschen rechnerisch 100.000 weniger von Einkommensarmut betroffen als im Jahr zuvor. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sank die Armutsquote von 16,9 Prozent auf 16,6 Prozent, bei älteren Menschen ab 65 Jahren stieg sie hingegen von 17,6 Prozent auf 18,1 Prozent.
Der Rückgang der Armut im Jahr 2023 ist vor allem ein Rückgang der Armut von Minderjährigen. Er wird vor allem von Haushalten mit Kindern und Jugendlichen getragen. Die Zahl einkommensarmer Menschen in diesen Haushalten ging um über 200.000 zurück, während die in kinderlosen Haushalten um rund 100.000 stieg. Insgesamt bleibt es dabei, dass Alleinerziehende und kinderreiche Familien neben Erwerbslosen, Personen mit niedrigen Bildungsabschlüssen und ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit großem Abstand die
Hauptrisikogruppen sind.
"Die Armut bleibt in Deutschland auf einem sehr hohen Niveau." - Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes
Als Gründe für den Rückgang der Kinder- und Jugendarmut verweist die Expertise auf die Erhöhung des Kindergeldes von 219 auf 250 Euro, die Erhöhung des Kinderzuschlags von 229 auf 250 Euro, die Einführung eines Sofortzuschlages für Kinder im Bürgergeldbezug von 20 Euro ab Juli 2020 als Vorgriff auf die Kindergrundsicherung, verbesserte Leistungen und Ausweitung des Personenkreises beim Wohngeld, die Anhebung des BAföG-Höchstbetrages und der Ausweitung des Kreises der Antragsberechtigten ab Wintersemester 2022/23 sowie die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes von 10,45 Euro auf 12 Euro ab Oktober 2022. Hinzu kamen einmalige Entlastungszahlungen zur besseren Bewältigung der Energiepreise und der Heizkostenzuschuss für Beziehende von Wohngeld oder BAföG.
Nach Einschätzung von Ulrich Schneider bleibt die Armut in Deutschland in der Gesamtbetrachtung aber auf einem sehr hohen Niveau: "Nach wie vor stehen durchgreifende armutspolitische Maßnahmen aus. Dazu gehören eine deutliche Anhebung der Regelsätze in Hartz IV und der Altersgrundsicherung ebenso wie eine tatsächlich Armut verhindernde Grundsicherung für Kinder, deutliche Leistungsverbesserungen beim BAföG und die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes auf 15 Euro."