10.03.2023 | Redaktion | Bertelsmann Stiftung
Jugendliche ohne Schulabschluss
Anteil stagniert seit zehn Jahren auf hohem Niveau
Wer ohne Abschluss die Schule verlässt, hat schlechtere Chancen auf eine Ausbildung, dafür aber ein höheres Risiko, in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu landen. Das belegen Daten aus dem jüngsten Berufsbildungsbericht. Nicht nur für die betroffen jungen Menschen sind das schlechte Aussichten – auch für die Gesellschaft bedeutet das angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels ein wachsendes Problem.
Ohne Schulabschluss ist es schwer, einen Ausbildungsplatz zu finden. Bild: Maurice Hüsni
Noch immer beenden in Deutschland Zehntausende Jugendliche die Schulzeit, ohne zumindest den Hauptschulabschluss zu erwerben. Im Jahr 2021 traf dies auf rund 47.500 junge Menschen zu, was einem Anteil von etwas mehr als sechs Prozent an allen gleichaltrigen Jugendlichen entspricht. Wie der Zehn-Jahres-Vergleich zeigt, stagniert die Quote der Jugendlichen ohne Schulabschluss seit 2011 auf diesem Niveau. Das geht aus einer neuen Auswertung hervor, die der Bildungsforscher Klaus Klemm im Aufrag der Bertelsmann Stiftung vorgenommen hat. "Jeder junge Mensch ohne Schulabschluss ist einer zu viel. Denn das bedeutet deutlich schlechtere Zukunftsaussichten für die Betroffenen. Unsere Gesellschaft kann es sich angesichts des wachsenden Fachkräftemangels nicht leisten, diese Personen durchs Raster fallen zu lassen", sagt Klaus Klemm.
Trotz Fortschritten in einzelnen Bundesländern ist es nicht gelungen, diesen Anteil zu senken. Klemm nennt dies eine "demografische Verknappung und qualifikatorische Vergeudung", denn wer ohne Abschluss die Schule verlässt, hat ein höheres Risiko, in prekären Beschäftigungsverhältnissen zu landen. Dass Jugendliche ohne Schulabschluss kaum Chancen auf eine Ausbildung haben, belegen Daten aus dem jüngsten Berufsbildungsbericht. Demnach sind zwei Drittel der jungen Erwachsenen zwischen 20 und 34 Jahren, die keinen Schulabschluss erreicht haben, ohne Berufsausbildung. Das hat Folgen: Die Arbeitslosenquote ist bei ungelernten Personen fast sechsmal so hoch wie bei Personen mit Berufsausbildung.
Um die Chancen der Jugendlichen auf eine Ausbildung zu verbessern, braucht es eine frühe Förderung im Unterricht und einen besseren Informationsaustausch zwischen Schul- und Sozialbehörden.
Um Jugendlichen künftig bessere Perspektiven zu geben, werden in der Studie Maßnahmen auf zwei Ebenen empfohlen: An den Schulen selbst sollten die besonders leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler im Unterricht bestmöglich gefördert werden. Hier können digitale Anwendungen helfen, Lernrückstände frühzeitig zu erkennen und Schülerinnen und Schüler in ihrem Lernprozess individuell zu begleiten. Außerdem ist es sinnvoll, erlernte Kompetenzen über das klassische Abschlusszeugnis hinaus zu dokumentieren. Denn, so Nicole Hollenbach-Biele, Expertin für schulische Bildung bei der Bertelsmann Stiftung, "auch Jugendliche ohne Abschluss, erwerben im Laufe ihrer Schulzeit eine Vielzahl von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen, die überhaupt nicht sichtbar werden. Dabei wären genau diese Informationen wichtig, um auch ohne formalen Schulabschluss die Chancen auf eine Ausbildung zu verbessern."