13.04.2018 | Redaktion
Inklusion im Ländervergleich
Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung untersucht Umsetzung in allen Bildungsbereichen
Inklusion ist in der beruflichen Bildung kaum institutionalisiert verankert. Jedoch werden in den Ländern vermehrt Projekte für mehr Inklusion in der beruflichen Bildung angestoßen. Zu diesem Fazit gelangt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. In der Summe aller Bildungsbereiche liegen Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein bei der Umsetzung von Inklusion weit vorne.
Für den Bereich der beruflichen Bildung zeichnet die Studie ein ernüchterndes Bild: "In allen Bundesländern steht die Inklusion in der beruflichen Bildung noch ganz am Anfang. In Bayern, Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz wurden Modellversuche zur Inklusion in der beruflichen Bildung eingerichtet, in Bayern und Niedersachsen sind diese bereits ausgelaufen. Konzepte zur flächendeckenden Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse liegen bislang nicht vor." Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen fokussierten ihre Bemühungen um eine inklusive berufliche Bildung auf den Übergang Schule - Beruf. Und Hessen, das Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben laut Studie bislang noch überhaupt keine Anstrengungen zur Stärkung der Inklusion in der beruflichen Bildung unternommen, die über die Teilnahme an länderübergreifenden Projekten oder bundesweiten Initiativen hinausgehen.
"In allen Bundesländern steht die Inklusion in der beruflichen Bildung noch ganz am Anfang."
Die Studie analysierte eine Reihe verschiedener Bausteine eines inklusiven Bildungssystems: statistische Daten zu Förder-, Inklusions- und Exklusionsquoten, die Schulgesetzgebung, politische Konzepte auf dem Weg zur inklusiven Bildung, die Verankerung inklusiver Elemente in der beruflichen Bildung, die Finanzierung sowie qualitative Aspekte inklusiver Bildung. Dabei ergab sich, dass Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein ihre Bildungssysteme bisher am konsequentesten umgestaltet haben.
Auch die anderen Bundesländer haben Schritte auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungssystem eingeleitet. Nicht alle haben jedoch ihre Schulgesetze den Vorgaben der Behindertenrechtskonvention (BRK) angepasst. So besteht in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen ein Ressourcenvorbehalt für die Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der allgemeinen Schule. Eltern haben hier zwar das Recht, ihre Kinder auf einer Regelschule anzumelden, aber die Schule muss die Kinder nur dann aufnehmen, wenn die räumlichen, personellen und technischen Ressourcen dies ermöglichen. Die schulgesetzlichen Regelungen von Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt räumen dem inklusiven Unterricht erst gar keinen Vorrang ein.
Umsetzung inklusiver Bildung ist rechtlich vorgeschrieben
Bei den Schritten zur Umgestaltung des Bildungswesens sieht die Studie drei Modelle, nach denen die Bundesländer vorgehen: Die Mehrheit von immerhin zehn Bundesländern geht davon aus, dass grundsätzlich alle Schulen den Auftrag erfüllen müssen, inklusiv zu unterrichten. Bayern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt setzen auf das zweite Modell, die Einrichtung von Profilschulen, die sich freiwillig zu einer inklusiven Schule entwickeln. Dieses Modell unterscheidet sich von dem dritten Ansatz - den Schwerpunktschulen in Rheinland-Pfalz und Hessen - dadurch, dass diese vom Land beauftragt werden. Und Sachsen fällt bei dieser Betrachtung insoweit ganz aus dem Rahmen, als zum Frühjahr 2017 nur ein einziger Modellversuch zu inklusiver Bildung bestand.
Egal, welches Modell die Bundesländer vorziehen, die Autorin der Studie, Valerie Lange, erhielt aus allen Ländern Berichte über eine zu geringe Ausstattung mit sonderpädagogischen Ressourcen. Nicht nur den Hinterbänklern, sondern auch den Musterschülern schreibt sie deshalb ins Stammbuch: "Die Gestaltung eines inklusiven Bildungswesens und damit die Umsetzung der BRK ist nicht weniger als die Einhaltung von geltendem Recht. Alle Länder sind in der Pflicht, sich das Ziel der inklusiven Bildung auf die Fahnen zu schreiben - und dabei das Verständnis inklusiver Bildung, das die BRK vorgibt, im Blick zu behalten."