04.09.2014

Löten - Schrauben - Programmieren

Das Ada-Lovelace-Projekt gewinnt junge Frauen für technische Berufe

von Karin Maria Rüsing

Wer Mädchen und junge Frauen für Ausbildungen und Studiengänge aus dem MINT-Bereich begeistern will, darf nicht bis zum Ende der Schullaufbahn warten. Früh anfangen und dann dran bleiben, das ist eine Erfolgsformel, die in Rheinland-Pfalz erfolgreich angewandt wird.

Ada Countess of Lovelace war eine englische Aristokratin und lebte von 1815 bis 1852. Sie schrieb Programme zur Bedienung einer ersten Rechenmaschine und ist deshalb Namensgeberin für ein Projekt, in dem junge Frauen als Vorbilder für Berufe werben, die bislang noch als frauenuntypisch gelten. Das Ada-Lovelace-Projekt wurde 1997 auf Initiative des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Bildung, Frauen und Jugend (MBFJ) an der Universität Koblenz ins Leben gerufen. Aktuell wird es durch zwei rheinland-pfälzische Landesministerien, das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen und das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur sowie den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert.

Eine Mechatronikerin, eine Industriemechanikerin oder eine Studentin der Elektrotechnik sind noch immer Ausnahmeerscheinungen. Nur sechs Prozent der Ausbildungsverträge, die in Rheinland-Pfalz in den MINT-Fachrichtungen abgeschlossen werden, werden von jungen Frauen unterschrieben. Weil aber das Interesse für bestimmte Berufe und Ausbildungsgänge nicht erst am Ende der Schulzeit entsteht, sondern schon viel früher, wendet sich das Ada-Lovelace-Projekt (ALP) schon an Mädchen ab Klasse fünf der Sekundarstufe I und begleitet sie bis zu den Abschlussklassen.

Das ALP arbeitet mit Mentorinnen. Das bedeutet, dass junge Frauen, die im MINT-Bereich eine Ausbildung machen oder ein MINT-Fach studieren, Schülerinnen ihre Fachrichtung vorstellen. Die Mentorinnen eignen sich gut als Vorbilder, weil sie selbst noch sehr jung sind und erst vor kurzer Zeit noch in der gleichen Situation waren wie die Mädchen, die sie ansprechen. Innerhalb des Projekts gibt es drei Arbeitsbereiche, die den drei Zielgruppen entsprechen, an die sich das Angebot richtet: zukünftige Studentinnen, zukünftige Auszubildende und den Bereich Diversity, der sich speziell um die Ansprache von Mädchen mit Migrationshintergrund kümmert.

"Selbst machen und ausprobieren, so werden Naturwissenschaft und Technik für die Mädchen sinnlich erfahrbar."

 

Der erste Kontakt ist meistens eine Veranstaltung in der Schulaula, bei der es zunächst darum geht, das Projekt und die einzelnen Fachrichtungen vorzustellen. Das Herzstück der Projektarbeit sind jedoch die Arbeitsgruppen, die die Mentorinnen - passend zu ihren Arbeitsbereichen - an den Schulen anbieten und betreuen. "Wir machen mehr, als nur zu reden", bringt Tanja Gnosa das Prinzip auf eine einfache Formel. Sie ist die Projektleiterin für den Bereich Ausbildung. "Selbst machen und ausprobieren, so werden Naturwissenschaft und Technik für die Mädchen sinnlich erfahrbar." Sie können zum Beispiel Roboter bauen und diese mit einer Programmiersprache zum Laufen bringen. Sie können Werkstücke herstellen, die man nicht nur anfassen, sondern auch mit nach Hause nehmen kann. Und wer einen Softdrink möchte, kann dafür sein eigenes Brausepulver zusammenrühren. Durch lebensnahe Beispiele lernen die Mädchen, aber auch ihre Eltern, was man mit dem Wissen, mit einer bestimmten Ausbildung, tatsächlich praktisch anfangen kann.

Mentoring-Programme für Auszubildende sind selten, und es gehört zu den Verdiensten des ALP, diese Art der Auszubildenden-Werbung in Rheinland-Pfalz fest etabliert zu haben. Die Konzepte für das Auszubildenden-Mentoring werden in Zusammenarbeit mit den Unternehmen entwickelt, in denen die Mentorinnen ihre Ausbildung absolvieren. Die Unternehmen stellen die Mentorinnen für ihre Tätigkeit von der Arbeit im Betrieb frei. Der zeitliche Rahmen ist dabei ganz von den Gegebenheiten im Ausbildungsbetrieb abhängig und wird von der Leiterin des Auszubildenden-Programms im ALP mit den Firmen vereinbart.

Im 17. Jahr seines Bestehens ist das Ada-Lovelace-Projekt gut in der Bildungslandschaft Rheinland-Pfalz verankert. Es ist mit 11 Koordinierungsstellen an den Hochschulen des Landes vertreten, zusammen mit den Zweigstandorten erhöht sich die Gesamtzahl auf 16 Standorte. Zur Zeit sind etwa 180 Mentorinnen aktiv.

Darüber hinaus arbeitet das ALP mit den örtlichen Agenturen für Arbeit, mit Verbänden, Vereinen und Organisationen zusammen. Außerdem ist es in verschiedenen Netzwerken aktiv. Dazu kommen langjährige Projektpartner wie die Handwerkskammer Koblenz und die IHK Rheinhessen.

Die Projektangebote werden in Kooperation mit den Hochschulen und Betrieben aufgestellt. Rheinland-Pfalz-weit arbeitet das Ada-Lovelace-Projekt mit Unternehmen zusammen, die ihre weiblichen Auszubildenden für die Mentorinnentätigkeit freistellen. Andere Betriebe führen Besichtigungen und Projekttage zusammen mit dem ALP durch. Außerdem unterstützen viele Firmen das Projekt durch Sachspenden.

Auch die Zusammenarbeit mit den Schulen ist gut eingespielt. Viele Kooperations-Schulen des ALP sind schon sehr lange Partner des Projekts. Oft haben mehr Schulen Interesse an einer Zusammenarbeit, als Betreuungskapazitäten vorhanden sind. Diese gut etablierten Strukturen erleichtern allen Beteiligten die Zusammenarbeit und haben dazu beigetragen, dass bis jetzt über 70.000 Mädchen erreicht werden konnten.

Weitere Informationen

  • www.ada-lovelace.com
    Zentrale Koordinierungsstelle des rheinland-pfälzischen Mentoring-Netzwerks für Frauen in MINT